Luftnot in der Birne

Dies ist eine Krawatte. Deutschlands Erste Krawatte a. D. Die Vor-Wulff-Krawatte. Keine Krawatte wie all die anderen. Eine knotige Stilkritik.

Krawatte

Zu sehen ist nicht etwa ein Bürger-Schnappschuss beim Spaziergang mit Präsident und Hund im Park von Bellevue, sondern das ehedem offizielle Foto des Bundespräsidenten a. D. vor Bundespräsident i. D. Ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Da wird man doch nachfragen dürfen.

Beginnen wir auf dem französischen Regierungs-Schloss: Der Legende nach kommt die Krawatte auf direktem Wege von Versailles an den Männerhals. Auf einer Truppenparade vor dem Sonnenkönig erschien ein kroatisches Reiterregiment mit neuartigen Tüchern am Hals. Diese gefielen Ludwig XIV. Und flugs führte er diesen Schmuck für alle Festgäste ein.

Krawatten aus Kroatien: Republika Hrvatska. Krawattenrepublik. Dritter im Weltfußball 1998. Goran Ivanisevic. Die mit der Konsonanteninsel Krk.

Der Siegeszug auf dem Weg zur obligatorischen Massenmode führt von Kroatien über Versailles nach Krefeld. „Stadt von Samt und Seide“. Mit Werbung für die „letzte Hinrichtung am Hülser Berg“ auf der stadteigenen Homepage. Hier kann man „Tierpfleger für einen Tag“ werden und das neue Nashornbaby heißt Kibibi.

80 Prozent aller deutschen Krawatten kommen aus Krefeld. Die hier abgebildete könnte unter Umständen vielleicht eventuell von einem Geldhaus abstammen. Ob auch sie aus Krefeld stammt, lassen wir einmal dahingehängt.

Die Stadtverwaltung lässt die Welt wissen: „Die aktuelle Krawatte präsentiert sich entweder mit schwarzem Untergrund, wahlweise kombiniert mit dunkelblauem beziehungsweise violettem Muster, oder mit hellgrauem Untergrund, gemustert in blau oder einem intensiven lindgrün. Das Krefeld-Logo ziert den modernen Halsbinder auf dem linken unteren Ende, bevor die Krawatte im typischen Dreieck ausläuft.“

Da oben ist kein Krefeld-Logo zu sehen. Das Krefeld-Logo ist ein K und ein R. Für 29,80 Euro echt ein Schnäppchen auf www.krefeld.de

Ansonsten, liebe Mitkrawattisten: Eure Krawatte ist so oft im Knotenbereich
verspeckt, dass es einen grauen kann. Sie schnürt die Halsschlagadern ein und verursacht Luftnot in der Birne, sie provoziert saublöde Witze und wird in Japan für Kehlkopfkrebs verantwortlich gemacht. Gute Krawatten gibt es nur in Paris und Mailand. Oder zu Preisen, die einen taumeln lassen.

Ansonsten II:
Sie hängen entweder zu lang oder zu kurz, sie hängen in die Suppe oder sie tragen eine Krawattennadel – das ultimative Kainsmal der Landowskys und Schreibers dieser Erde.

Ansonsten III:
Außer wahrscheinlich in Krefeld hat krawattostatistisch jeder Deutsche fünf Binder im Schrank, weltweit tragen über 600 Millionen Jungs das Ding und über 800 Millionen werden weltweit verkauft. Nicht an Hans Eichel. Der hat sich in den bunten siebziger Jahren mit kruseligen Kleinmustern eingedeckt und trägt die jetzt auf. Und nicht an den BuPrä a. D.. Der trug eben diese eine Krawatte. Die mit dem Logo-Ding, das irgendwie so aussieht, wie das Logo-Ding von dem einen Geldhaus.

Jesco Denzel vom Presse- und Informationsamt der Bundesregierung verdanken wir das aktuelle Foto des aktuellen Staatsoberhauptes. Hier schimmert der Binder blau mit schwarz an silbernen Rändern. Für sachdienliche Hinweise zu versteckten Botschaften lobt Thea Tucher einen Erlebnisbesuch in der Villa Hammerschmidt aus.

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