Berliner Partysplitter

So crazy war die Sommerfestsaison in der Hauptstadt

Staatsempfang im Schloss Bellevue: Das Oberhaupt, sichtlich entspannt, nimmt die Huldigungen des Volkes entgegen und hat außer Politikern nur nette Leute zu sich eingeladen. Politiker mag das Oberhaupt eigentlich gern. Nur untereinander sind dieselben oft wie Hund und Katze in der Warteschlange und dann wie Plisch und Plum am Buffet. Außerdem klauen sie Schirme in Massen und werden auch bei trockenem Wetter mit mehreren davon am Ende des Tages vom Fahrdienst auf die Bude gefahren. Der durchschnittliche Bundespräsidentenbesucher muss nach inoffizieller Statistik des Amtes mindestens 23,7 blaue Bundespräsidentenbesucherschirme sein Eigen nennen, die er ganz sicher in seinem Wahlkreis zum Wohle des deutschen Volkes unter dasselbe bringt beziehungsweise dasselbe damit vor den Unbillen des ländlichen Alltags schützt.

Auf den diversen Bühnen des Präsidentenfestes mühen sich die nicht-investigativen Journalisten der Hauptstadt redlich darum, Gutmensch nach Gutmensch zu befragen, deren Verdienste gebührend zur Geltung zu bringen und sie zu weiteren edlen Taten zu ermutigen. Nichts für Ungut – das ist würdig und recht – und allemal besser als die blöden Eigensud-Empfänge aller seiner Vorgänger, bei denen nicht weniger Schirme geklaut wurden und mehr gesoffen wurde.

Fest der Seeheimer: Hier gibt es keine Schirme. Früher gab es Tassen mit Wehner und Schmidt. Jetzt Steinbrück und Steinmeier. Hier sammelt sich die wahre, gute, echte SPD. Sogar andere Genossen sind da und laufen durch die fröhliche Menge, als gehörten sie dazu. Am nächsten Tag posten sie weiteren Unsinn nach dem Motto: Ich kenne nur eine Partei und wir gehören doch alle zusammen. Kahrs unterstützt das mit „traumschön“ und lacht sich kaputt.

Hoffest der SPD-Bundestagsfraktion: Weder Schirme noch Tassen. Dafür wieder Steinbrück, der einen genialen Plan zugunsten der Helmut-Schmidt-Stiftung ausbrütet, von dem sehr bald zu hören sein wird und an dem alle echten Schmöker- und Helmut-Fans ihre helle Freude haben werden.

Vorwärts-Fest in der Kulturbrauerei: Der sechste stellvertretende Bundesvorsitzende kommt in Strickjacke und schwallt den ersten stellvertretenden Bundesvorsitzenden voll. Der macht so eine Art Maschinenmine zum bösen Spiel und tut echt interessiert. Zwei MdBs mit schlechten Listenplatz-Aussichten gucken schmal aus der Wäsche.

Bayerische Landesvertretung: Das Gebäude gehörte vordem dem VEB Dampferzeugerbau. Der Ministerpräsident steht am Eingang und sichtet die Gäste persönlich. Dobrindt muss draußen bleiben, da die Obergrenze überschritten sei. Söder hat sich mit der früher bekannten Frau Aigner durch die Tiefgarage eingeschlichen. Es gibt große graue Tassen mit dem Portrait von Seehofer, aus denen Bier getrunken wird. Auffällig viele Pharmavertreter im Raum.

Landesvertretung Niedersachsen: Es gibt wirklich gute Hühner, aber der Mann am Spieß leidet so sehr unter der Brathitze, dass sich mitfühlende Schlangensteher seiner erbarmen und zur Selbstbedienung schreiten. Früher glaubte der Berliner Finanzsenator an den demokratischen Sozialismus durch die Arbeit der Antragskommission. Heute ist er einer der besten Gründe, bei der Wahl SPD angekreuzt zu haben.

Deutsche Parlamentarische Gesellschaft: Das beste Fest der ganzen Stadt. Zugegebenermaßen etwas exklusiv. Noch nicht mal jeder sechste stellvertretende Bundesvorsitzende darf kommen. Jürgen Koppelin ist ganz in seinem Element. Ob er der Einzige von der FDP ist, kann keiner sagen. Er berichtet von Thailand und dem König und Palästen und Schreinen und so. Freiheit, die ich meine. Rauchen tut er auch und das nicht zu wenig. Der künftige Verteidigungsminister ist auch da und spricht mit mir. Beide wissen nicht voneinander. Das Leben ist schön.

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