Wie weiter mit der Mitbestimmung?

Vorerst hat sich die Auseinandersetzung der vergangenen Monate um das deutsche Modell der Mitbestimmung gelegt - beendet ist die Debatte nicht. Doch zur Zukunft der Corporate Governance hat sich die Regierung noch nicht viele Gedanken gemacht

Der Kampf um die Unternehmensmitbestimmung war kurz und schmerzlos. Am 16. November des vergangenen Jahres präsentierte die „Kommission Mitbestimmung“ von BDA und BDI auf dem Arbeitgebertag ihre Reformvorschläge. Diese sahen unter anderem die deutliche Reduzierung der Arbeitnehmervertretung in mitbestimmten Aufsichtsräten vor. Doch bereits auf der gleichen Veranstaltung sprach der Kanzler ein Machtwort. In Zeiten, in denen man von den Menschen die Bereitschaft zum Wandel verlange, könne man ihnen nicht auch noch die Mitbestimmungsrechte absprechen. Eine Änderung der Unternehmensmitbestimmung komme daher nicht in Betracht. So deutlich hatte sich die Bundesregierung schon lange nicht mehr auf die Seite der Gewerkschaften gestellt. Die CDU indes zeigte sich unsicher gegenüber der Arbeitgebervorlage. Angela Merkel unterstützte zwar die Forderung nach einer Reform der Mitbestimmung, hielt jedoch die Aussage von Wirtschaftsvertretern, die Mitbestimmung sei ein Irrtum der Geschichte, für wenig hilfreich. Das Thema verschwand wieder aus der Öffentlichkeit. War das schon alles? Und worum ging es überhaupt?

Das Kalkül der gemeinsamen Kommission von BDA und BDI war es, die Deutungshoheit über die Mitbestimmung nicht nur wieder zu gewinnen, sondern auch zu ihren Gunsten zu ändern. Bereits 1995 wurde eine Kommission Mitbestimmung von der gewerkschaftseigenen Hans-Böckler-Stiftung und der privaten Bertelsmann Stiftung ins Leben gerufen. Unter der Leitung des früheren Arbeitsdirektors von Volkswagen, Karl-Heinz Briam, erarbeitete das aus Praktikern und Vertretern der Verbände bestehende Gremium auf der Grundlage einer umfassenden Auswertung der empirischen Erfahrungen mit der Mitbestimmung Handlungsempfehlungen für die Zukunft. Bis auf Einzelaspekte sah die Kommission von größeren gesetzlichen Änderungen ab, empfahl allerdings mehr Flexibilität in der Praxis der Mitbestimmung, um die bestehenden Vorteile zu erhalten und neuen Herausforderungen begegnen zu können. Zu den Vorteilen der Mitbestimmung zählte die Kommission die in Deutschland etablierte Praxis intensiver Kooperation zwischen Betriebsräten und Unternehmensleitungen im Betrieb. Diese habe zu den großen Produktivitätsfortschritten in der Industrie und der Wettbewerbsfähigkeit deutscher Produkte beigetragen und basiere auch auf der Teilhabe der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat. Bei der Übergabe der Empfehlungen der Kommission an den damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog stand der damalige Präsident des BDI, Olaf Henkel, mit dem Vorsitzender der Bertelsmann Stiftung, Reinhard Mohn, in der ersten Reihe.

In den Unternehmen ist die Lage komplizierter

Verbandspolitisch jedoch passte weder dem BDI noch der BDA die wohlwollende Bewertung der Mitbestimmung durch die Kommission der beiden Stiftungen ins Konzept. Die Unternehmensverbände haben sich traditionell gegen jede Form der gesetzlich regulierten Teilhabe von Arbeitnehmern in unternehmerischen Gremien gewehrt. Gegen das 1976 verabschiedete Mitbestimmungsgesetz klagten die Unternehmensvertreter erfolglos vor dem Bundesverfassungsgericht. Die Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes durch die rot-grüne Bundesregierung 1999 stieß auf den heftigen Widerstand der Unternehmens- und Arbeitgeberverbände.

In den Unternehmen selbst ist die Lage komplizierter. Obgleich viele Vorstände von Großunternehmen dem Grundgedanken der Unternehmensmitbestimmung prinzipiell wenig abgewinnen können, nehmen nur wenige von ihnen gegen die Mitbestimmung Stellung. Sie fürchten die Konflikte, die mit ihrer Abschaffung verbunden wären. Gewerkschaften sind in mitbestimmten Betrieben besonders stark. Will man sie dort herausdrängen, wirkt sich das negativ auf die Stimmung der Mitarbeiter aus. Zudem hat man sich in den meisten Fällen mit Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat arrangiert. In manchen schwierigen Situationen macht sich eine positive Beziehung zur Arbeitnehmerbank bezahlt, wenn es darum geht, schmerzhafte Entscheidungen des Vorstands betrieblich in die Tat umzusetzen.

Die uneindeutige Haltung der meisten Vorstände zur Unternehmensmitbestimmung hat ihnen in der Wirtschaftspresse einige Beschimpfungen eingebracht. Vorstände sprächen sich nicht gegen die Mitbestimmung aus, da sie von der Zustimmung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat bei ihrer Bestellung abhängig seien. Als Beispiel nannte man den Vorstandsvorsitzenden von DaimlerChrysler, Jürgen Schrempp, der vor seiner Wiederbestellung keinen Konflikt mit der IG Metall wolle. Nur hinter verschlossenen Türen könne man offen über das Problem sprechen.

Ein zweiter Vorwurf an die Adresse der widerwilligen Vorstände lautete, dass sie die bestehenden Zustände verteidigten, da sie selbst kein Interesse an effektiver Kontrolle durch wirksame Aufsichtsräte hätten. Wolfgang Kaden vom Manager-Magazin argumentiert, die Mitbestimmung schwäche die Position des Kontrollorgans und stärke somit die Position des Vorstands. Sie erfreue sich vor allem deswegen so hoher Wertschätzung bei den Topmanagern, weil sie deren Macht ausweite. Dieses Argument zielt im Kern auf das deutsche Modell der Unternehmensführung, dessen Bestandteil die Unternehmensmitbestimmung ist.

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser

Dieses Modell baut auf den – im Unterschied zu angelsächsischen Ländern – stark konzentrierten Eigentümerstrukturen deutscher Großunternehmen auf, die in den Aufsichtsräten vertreten sind. Es gibt auf der Kapitalseite enge Verflechtungen zwischen großen Eigentümergruppen. Die Kontrolle der Vorstände durch die Kapitalseite hat traditionell im Geiste eines mehr oder weniger großen Vertrauens in die Rechtschaffenheit der Vorstände stattgefunden. Über lange Zeit haben weder die Kontrolleure noch die Kontrollierten ihre Rollen ernsthaft ausgefüllt, zumindest solange nicht, wie es keine akuten Anlässe für Misstrauen gab. Die großen Unternehmenspleiten der Nachkriegsgeschichte sind alle Beispiele für fehlende Unternehmenskontrolle und ungerechtfertigt großes Vertrauen in die Vorstände. In angelsächsischen Ländern ist dies im Übrigen nicht anders.

Wenn es eine Kontrollinstanz in den Aufsichtsräten gab, dann waren dies am ehesten die Vertreter der Banken. Da deutsche Unternehmen im Unterschied zu angelsächsischen zu einem viel höheren Maße über Kredite finanziert sind als über Eigenkapital, haben – um ihre Kredite zu sichern – traditionell die Banken die Rolle der Unternehmensaufsicht in den Aufsichtsräten gespielt. Mit der Neuorientierung der Banken auf das internationale Investmentbanking ist ihr Interesse an deutschen Unternehmensbeteiligungen deutlich gesunken. Fraglich ist nun, wer in der Unternehmensaufsicht an die Stelle der Banken treten wird. Die Vorstände würden das entstehende Machtvakuum am liebsten mit ihresgleichen ausfüllen. Daher stammt auch die Praxis, dass viele Vorstandsvorsitzende in den Aufsichtsrat überwechseln. Allerdings ist die Kontrollfrage damit noch lange nicht gelöst.

Die Arbeitnehmervertreter spielen in der Unternehmensaufsicht eine ambivalente Rolle. Im Dreiecksverhältnis von Vorstand, Anteilseignern und Beschäftigten gehen die Beschäftigten Koalitionen mal mit den Eignern zu Lasten der Vorstände ein, mal mit den Vorständen zu Lasten der Eigentümer. Ein Beispiel dafür ist die Rolle der Arbeitnehmer bei der Verbreitung von Shareholder-value-Strategien. So weiß man einerseits, dass in mitbestimmten Unternehmen Vorstandsgehälter weniger steil angestiegen sind als in solchen ohne Unternehmensmitbestimmung; die Mitbestimmung dämpft also die Hinwendung zu einer shareholder-orientierten Unternehmenspolitik. Andererseits ist ebenso bekannt, dass auch und gerade stark mitbestimmte Unternehmen die Hinwendung zum Shareholder value ohne Probleme vollzogen haben.

Bedeutet Mitbestimmung weniger Erfolg?

Zu dieser zwiespältigen Rolle der Mitbestimmung in der Unternehmensaufsicht passt auch, dass man in wissenschaftlichen Studien keine eindeutigen Effekte der Mitbestimmung auf die Performanz von Unternehmen finden kann. Sie wirkt weder prinzipiell positiv noch negativ auf den Unternehmenserfolg. Es gibt erfolgreiche Unternehmen, die mitbestimmt sind und solche, die es nicht sind. Beides ist möglich. Die Faktoren zum Unternehmenserfolg sind vielschichtig, und die Mitbestimmung hat nur einen kleinen Anteil daran.

Der Vorstoß der Verbände hat also mehr mit ordnungspolitischen Vorstellungen als mit tatsächlichen Problemen der Unternehmen zu tun. Weil sich die Kommission von BDA und BDI über die Halbherzigkeit der Vorstände in dieser Frage im Klaren ist, fordert sie auch nicht die Abschaffung der Mitbestimmung, sondern deren Rückbau – entweder durch die Reduzierung auf ein Drittel der Aufsichtsratssitze oder die Auslagerung in ein eigenes Gremium. Da jedoch die Arbeitnehmer auch heute effektiv niemals eine Mehrheit und im eigentlichen Sinne auch keine Parität im Aufsichtsrat haben, stellt sich die Frage, warum die Verringerung ihrer Sitze eine qualitative Verbesserung hervorbringen kann.

Die Antwort auf diese Frage verweist auf ein wesentliches Ziel der Initiative: Die Reduzierung der Sitze soll in erster Linie zu Lasten der Gewerkschaftsvertreter im Aufsichtsrat gehen. Sie sind den Verbänden BDA und BDI ein besonderer Dorn im Auge, weil mit ihnen der ureigenste Gegner auf der Ebene der Verbände einen privilegierten Zugang nicht nur zu den Beschäftigten in den Unternehmen, sondern auch zu den Unternehmen selbst eingeräumt bekommt. Während die Unternehmensverbände bei ihren eigenen Mitgliedsunternehmen um Informationen über den Zustand des Unternehmens und der Branche betteln müssen, bekommen die Gewerkschaften wichtige Unternehmensinterna gleichsam frei Haus. Und nicht nur das: Die Beteiligung der Gewerkschaften an den Aufsichtsräten per Gesetz ist sozusagen Bestandteil der gewerkschaftlichen Überlebensgarantie.

Die Gewerkschaften sitzen warm und trocken

Den DGB-Gewerkschaften sind nach Schätzungen des arbeitgebereigenen Instituts der deutschen Wirtschaft ungefähr 1.700 Aufsichtsratsmandate in 767 Unternehmen für Gewerkschaftsvertreter garantiert, ohne dass sie sich dafür besonders anstrengen oder legitimieren müssten. Dies gilt trotz der Tatsache, dass mittlerweile weniger als ein Viertel der Beschäftigten gewerkschaftlich organisiert sind. Und selbst wenn der Organisationsgrad auf jene zehn Prozent sinken würde, welche die Gewerkschaften derzeit noch bei den Unter-25-Jährigen aufweisen, würden die Aufsichtsratsmandate für die Gewerkschaften in den allermeisten Fällen erhalten bleiben. Denn andere Gewerkschaftsorganisationen, die mit den DGB-Gewerkschaften um diese Sitze konkurrieren könnten, sind spätestens nach der Fusion der ehemaligen Angestelltengewerkschaft DAG in ver.di weitgehend aus dem Feld geräumt beziehungsweise nur schwer zu etablieren. Und in den großen Unternehmen sind die Betriebsräte in den meisten Fällen fest in gewerkschaftlicher Hand. Die Präsenz der Gewerkschaften in großen Unternehmen würde also selbst dann noch erhalten bleiben, wenn die Zustimmung in den Betrieben und in der Gesellschaft dies schon längst nicht mehr rechtfertigen würde.

Die Mitbestimmung als House of Lords

Die Unternehmensmitbestimmung trägt damit im weiteren Sinne dazu bei, dass das Modell der vielfältigen Einflussnahme der Gewerkschaften auf Politik und Gesellschaft – über die sozialen Sicherungssysteme, die Tarifpolitik und die Mitsprache in den großen Parteien – weiter gestützt wird. Das Mitbestimmungsgesetz ist damit ähnlich wie das Tarifvertragsgesetz auch ein Gewerkschaftsunterstützungsgesetz. Und genau das ist der wesentliche Grund, der BDA und BDI antreibt, für die Reduzierung der Aufsichtsratssitze für die Arbeitnehmerseite zu plädieren oder die bestehende Form der Mitbestimmung als nicht kompatibel mit europäischen Normen zu bezeichnen.

In der BDA vergleicht man die Unternehmensmitbestimmung mit dem britischen House of Lords: In einer bestimmten historischen Phase habe das House of Lords die Machtfülle einer partikularen Gruppe widergespiegelt, die eben dadurch institutionalisiert wurde. Für die Gewerkschaften war die entscheidende Phase die Wiederetablierung der Stahlbarone an Rhein und Ruhr in den frühen 1950er Jahren, deren politische Akzeptanz mit Hilfe der Montanmitbestimmung ermöglicht wurde. Im Laufe der Zeit hat sich im Sinne der Analogie jedoch sowohl die Privilegierung des Adels in Großbritannien als auch die der Gewerkschaften in Deutschland überholt. Der wirtschaftlichen Bedeutungslosigkeit der Gewerkschaften werde mit einiger Zeitverzögerung die politische folgen. Die tatsächlichen Machtverhältnisse in Politik und Gesellschaft würden durch eine Abschaffung der Beteiligung der Gewerkschaften an der Mitbestimmung wieder angemessen reflektiert.

Die Analogie ist nicht so absurd, wie sie auf den ersten Blick erscheint. Denn natürlich bedeutet die Privilegierung der Gewerkschaften im Kontext der bestehenden Regelungen zur Unternehmensmitbestimmung in dem Moment ein Problem, in dem die Gewerkschaften den Zuspruch in der Arbeitnehmerschaft verlieren. Denn wie sonst könnte man einen Anspruch auf Teilhabe an unternehmerischen Entscheidungen legitimieren als mit dem Argument, dass man stellvertretend für Arbeitnehmerinteressen spricht? Wenn die Arbeitnehmer diese Vertretung nicht mehr wollen und stützen, ist sie langfristig nicht zu halten.

Politisch betrachtet ist das Thema Mitbestimmung zunächst einmal erledigt. Vor der nächsten Bundestagswahl wird sich auf diesem Feld voraussichtlich nichts tun. Langfristig jedoch wird es auf der Agenda bleiben – genau solange, wie die Gewerkschaften den ihren durch die Arbeitnehmer erteilten Vertretungsauftrag nicht erneuern oder stärken können. Ohne neue Gewerkschaftsmitglieder werden die Legitimation der Unternehmensmitbestimmung und ihre Fixierung auf die Gewerkschaften langfristig erodieren.

Ungemach für die Unternehmensmitbestimmung droht zudem von der europäischen und internationalen Ebene. Die nationalen Modelle der Unternehmensführung und Kapitalmarktregulierung nähern sich bereits seit geraumer Zeit aneinander an. Zwar haben die europäischen Richtlinien zur Europäischen Aktiengesellschaft und zur grenzüberschreitenden Fusion von Unternehmen noch nicht zum Unterschreiten der deutschen Standards geführt. Langfristig stehen jedoch die Modelle der Unternehmensführung unter dem Druck, sich an die Kontrollmechanismen der angelsächsischen Systeme anzupassen, die auf den Kapitalmärkten vorherrschend sind. Sie sehen den Vorstand lediglich der Kapitalseite verpflichtet und nicht anderen Stakeholdern am Unternehmen. Die Berücksichtigung von gesellschaftlichen und sozialen Interessen findet in diesen Modellen – wenn überhaupt – über sozial und ökologisch orientierte Unternehmensbewertungen auf dem Kapitalmarkt oder Sozialberichterstattungen der Unternehmen statt. Diese Sicht, die den deutschen und vielen kontinental-europäischen Stakeholder-Modellen bislang fremd ist, gewinnt auf europäischer Ebene immer mehr an Bedeutung. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass sich die entstehende europäische Rechtsliteratur und Rechtsprechung zu den Grundsätzen der Corporate Governance diese Perspektive zu Eigen machen werden.

CSR heißt: Corporate Social Responsibility

Für manche Beobachter stellt sich daher die Frage, ob und inwieweit nicht weitere Stakeholder – wie etwa Vertreter von Arbeitnehmern im Ausland oder Verbraucher- und Umweltinitiativen – an der Arbeitnehmerbank im Aufsichtsrat beteiligt werden sollten. Besonders Unternehmen mit schwacher gewerkschaftlicher Vertretung sollten die Möglichkeiten haben, andere soziale oder gesellschaftliche Interessengruppen zu beteiligen. Da in der Debatte über Corporate Governance die Rolle unabhängiger Mitglieder im Board zunehmend wichtiger wird, kann man hier auch eine mögliche Schnittmenge der Interessen erkennen. Die wirtschaftliche Verantwortung von Unternehmen, die sich auf freiwilliger Basis in zahlreichen Projekten unter dem Begriff des Corporate Social Responsibility (CSR) äußert, kann institutionell durchaus mit der Beteiligung gesellschaftlicher Interessen an der Unternehmensaufsicht unterfüttert werden. Wirtschaftsprüfer, Anteilseigner, Arbeitnehmer und gesellschaftliche Gruppen könnten in Zukunft an der Unternehmensaufsicht beteiligt werden. Dafür müssten die Arbeitnehmer und Gewerkschaften ihren bislang exklusiven Zugang zu den Aufsichtsräten mit anderen Gruppen teilen. Ein erstes Beispiel für die Überlassung eines gewerkschaftlichen Sitzes im Aufsichtsrat an einen amerikanischen Kollegen gibt es bereits bei DaimlerChrysler.

Wenn Kanzlermachtworte nicht ausreichen

Entscheidend für die Zukunft der Mitbestimmung ist daher die Profilierung einer politischen Position zur Weiterentwicklung der deutschen Corporate Governance sowie der Möglichkeit des Erhalts nationalspezifischer Eigenschaften der Unternehmensführung im Prozess der internationalen Annäherung an das anglo-amerikanische Unternehmensmodell. Zu diesem Thema hat sich jedoch die Bundesregierung noch nicht viele Gedanken gemacht. Auf der einen Seite enthalten der Corporate Governance Kodex und die neuen Kapitalmarktgesetze viele Aspekte angloamerikanischer Unternehmensführung und Kapitalmarktregulierung. Auf der anderen Seite hält die Bundesregierung an dem traditionellen Stakeholder-Modell fest, auch um amerikanische Auswüchse der mangelnden Kontrolle von Vorständen zu vermeiden.

Ob jedoch diese Doppelstrategie als Instrument tauglich und mit den Bedürfnissen der zunehmend internationalisierten Unternehmen und ihrer Beschäftigten kompatibel ist, wird in den Unternehmen und zunehmend von Brüssel entschieden werden. Um diese von der positiven Bedeutung der traditionellen deutschen Mitbestimmung zu überzeugen, reicht ein Machtwort des Kanzlers nicht aus.

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