Nie wieder Reformen?

Das Hartz-IV-Debakel war erst der Anfang: Auch in Zukunft werden Politiker ihr Gesicht verlieren, weil die Öffentlichen Verwaltungen jede Veränderung blockieren. Soll die Erneuerung gelingen, brauchen wir eine bundesweite Qualitätsoffensive

Die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe und die damit einhergehenden sozialen Einschnitte markieren aus Sicht vieler Menschen das Ende des deutschen Sozialstaates. Sowohl Langzeitarbeitslose als auch Sozialhilfeempfänger erhalten nun das Arbeitslosengeld II. Nach einem Jahr Arbeitslosigkeit sinken die Einkünfte des Arbeitslosen im zweiten Jahr auf das Sozialhilfeniveau. Die frühere Arbeitslosenhilfe lag, je nach Höhe des letzten Arbeitseinkommens, meist etwas über der so genannten Grundversorgung, war allerdings schon immer eine aus Steuergeldern und nicht aus der Arbeitslosenversicherung finanzierte Leistung.

Es ist schwer zu erklären, warum bislang überhaupt zwischen Langzeitarbeitslosen und erwerbsfähigen Sozialhilfeempfängern differenziert wurde und zwei unterschiedliche Behörden, das Arbeits- und das Sozialamt, vergleichbare staatliche Leistungen berechneten und auszahlten. Die Zusammenlegung war nur vernünftig. Und die Einkommensverluste, besonders für einst gut verdienende Langzeitarbeitslose, waren der anhaltend hohen Arbeitslosigkeit und der prekären Haushaltslage geschuldet. Trotzdem geriet das Vorhaben zu einem Desaster. Die Proteste gegen Hartz IV und die stark empfundene „soziale Kälte“ sind nicht nur auf die finanziellen Einbußen für die Betroffenen zurückzuführen. Sie erklären sich vor allem aus der dilettantischen Umsetzung der Reform.

Aus Gründen der Glaubwürdigkeit hätte mit den Einschnitten für die Schwächsten eine Zäsur in den öffentlichen Verwaltungen verbunden werden müssen. Nichts dergleichen geschah. Über Monate verdrängte ein unwürdiges Kompetenzgerangel jede inhaltliche Debatte. Die für die Arbeitslosenhilfe zuständige Bundesagentur und die für die Sozialhilfe verantwortlichen Ämter lieferten sich öffentliche Auseinandersetzungen um die Auszahlungsmodalitäten. Hoch bezahlte und sozial abgesicherte Staatsbedienstete stritten vor aller Augen für die eigenen Interessen – und nicht etwa für die der Betroffenen. Verwaltungsintern wurden zusätzliche Stellen ausgeschrieben, obwohl die Zusammenlegung von Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe die organisatorischen Abläufe vereinfacht hatte.

Ein simpler Akt der Verwaltungsumstellung

Zwar standen die Ausschreibungen unter dem Hinweis der Freiwilligkeit, tatsächlich aber nutzten die Kommunen den Verwaltungsumbau, um die eigenen Stellenpläne zu bereinigen: Sie drängten Mitarbeiter zu Bewerbungen, die sich dann mehr oder weniger lustlos in den neuen Job fügten. Als die bunt zusammengewürfelten Arbeitsgemeinschaften nach ersten Schulungen schließlich ihre Arbeit antraten, kündigte sich die Katastrophe an. Lange Zeit sah es so aus, als wäre ein knappes Jahr Vorbereitung nicht ausreichend für einen simplen Akt der Verwaltungsumstellung gewesen. Tausende von Beamten, die von den Nachfol-geunternehmen der Post nicht mehr beschäftigt werden konnten und ihre Zeit in Beschäftigungsgesell-schaften verbrachten, wurden als Hilfskräfte in die Behörden entsandt.

Die Sachbearbeiter verschickten 16-seitige Fragebögen – und die Betroffenen waren frustriert. Zwar richtete die Bundesagentur eine Hotline ein, doch viele Fragen zu den Antragsformularen konnten die Mitarbeiter nicht beantworten, oder sie gaben widersprüchliche Auskünfte. Dummerweise wurden die Formulare bereits verschickt, bevor man die erforderlichen Verwaltungsvorschriften erlassen hatte. Aber damit nicht genug: Wenige Monate vor dem Umstellungsdatum wurde bekannt, dass der Gesetzestext kleinliche Passagen enthielt, die für unnötigen Ärger sorgten. Jetzt forderten Politiker Nachbesserungen – etwas höhere Freibeträge für die Sparkonten von Kindern, ein wenig mehr Hinzuverdienstmöglichkeiten, etwas präzisere Regelungen zur Verhinderung von Härtefällen.

Selbst dort, wo sich die Sachbearbeiter und die Langzeitarbeitslosen gegenübersaßen, wo dem Bürger die Staatsgewalt sozusagen in persona gegenübertrat, mangelte es Behördenmitarbeitern an professionellem Auftreten. Beamte und die meisten öffentlichen Angestellten sind unkündbar und können selbst niemals in eine Situation geraten wie die Menschen auf den Fluren, deren Anträge sie bearbeiten. Jeder mag für sich selbst ermessen, was in einem Menschen vorgeht, der – ohnehin frustriert von Misserfolgen in seinem Berufsleben – an der empfindlichsten Stelle seiner finanziellen Existenz derart bedrängt und auch noch schlecht behandelt wird.

Im Rückblick zeigt sich: Es ist buchstäblich alles schief gegangen, was nur irgendwie schief gehen konnte. Und es ist immer noch nicht vorbei. Die Gebietskörperschaften missbrauchen das ALG II weiterhin für die Verteilungskämpfe zwischen Bund, Ländern und Kommunen. Auf diese Weise werden dringend notwendige Anstrengungen der Erneuerung Öffentlicher Verwaltungen unterlaufen und zugunsten der Interessen der so genannten Staatsdiener deformiert.
Regierungen, die in ihrem verzweifelten Bemühen um eine gesellschaftliche Perspektive auf die Gutwilligkeit des Öffentlichen Dienstes angewiesen sind, stoßen nicht etwa beim Bürger an ihre Grenzen, sondern in den staatlichen Verwaltungen. Und da hierzulande von jeher eine saubere Trennung zwischen Politik und Verwaltung vermieden wird und der Wähler folglich nur kaum zwischen Regierung und Verwaltung unterscheiden kann, müssen Politiker ständig die Köpfe hinhalten für einen unbeweglichen, reformresistenten Staatsapparat.

In den Öffentlichen Verwaltungen werden ständig einfachste unternehmerische Prinzipien wie Kundenorientierung, Fehlervermeidung und Kostenwirtschaftlichkeit missachtet. An deren Stelle tritt das Prinzip der Rechtskonformität, was letztlich heißt, dass jeder Bürger sein Recht auf eine gleich schlechte Behandlung ohne Ansehen der Person einklagen kann. Wenn sich daran nichts Grundlegendes ändert, ist der Öffentliche Dienst ein Auslaufmodell. Denn die seit Beginn der neunziger Jahre an Fahrt gewinnende Privatisierung öffentlicher Unternehmen ist erst der Anfang. Überall beweisen an Aktiengesellschaften verkaufte Krankenhäuser unter neuer Führung, dass sie mit dem gleichen Budget wie öffentliche Kliniken ihre Patienten besser behandeln, Transparenz herstellen, immense Investitionen finanzieren und obendrein 15 Prozent Rendite erwirtschaften können – während vergleichbare Krankenhäuser die städtischen Haushalte Jahr für Jahr mit immensen Verlusten belasten.

Auch die in der letzten Tarifrunde beschlossene Einführung von Billiglohngruppen wird den Öffentlichen Dienst nicht retten. Wegen hoher Kosten lagern Behörden und öffentliche Unternehmen ohnehin schon seit Jahren immer mehr Tätigkeiten aus. Gebäudewirtschaft, Reinigung, Wachdienste, Kantinen – dies alles wird in privatwirtschaftliche Hände gegeben, weil öffentlich Beschäftigte deutlich teurer sind und obendrein wegen schlechter Arbeitsorganisation, unflexibler Arbeitszeiten und leistungsfeindlicher Bezahlung ständig Anlass zur Klage geben. In diesen „öffentlich-privaten Partnerschaften“ fordern staatliche Bedienstete von anderen ganz selbstverständlich Leistungen, die sie selbst aufgrund des umfangreichen tarifrechtlichen Regelwerkes niemals erbringen würden. Die sozial abgesicherten sowie hoch bezahlten Damen und Herren in Behörden und öffentlichen Unternehmen wählen in ihren Mittagspausen ein preiswertes, unter privatwirtschaftlichen Arbeitsbedingungen gekochtes Menü, während das Küchenpersonal die horrenden Preise für Leistungen der Daseinsvorsorge bezahlen muss, die im aseptischen Schutzraum des Bundesangestelltentarifvertrages erbracht werden.

Wer sich klarmacht, vor welchen Umbrüchen Deutschland steht und sich dazu den Zustand der Öffentlichen Verwaltungen vergegenwärtigt, der kann heutige und künftige Regierungen nur bedauern. Politiker werden ihr Gesicht verlieren, weil die Öffentlichen Verwaltungen jede anstehende Erneuerung in ein Horrorszenario verwandeln. Ob es sich um die unvermeidliche Umgestaltung der Gesetzlichen Krankenversicherung handelt, den anstehenden Ausstieg aus sämtlichen über den angeblichen Generationenvertrag finanzierten Sozialversicherungen, den Abbau von Subventionen oder gar ein gerechteres und überschaubares Steuerrecht, das mit der Hälfte oder sogar nur einem Viertel der heutigen Finanzbeamten umgesetzt werden könnte – stets wird die Öffentliche Verwaltung, das zur Loyalität verpflichtete Berufsbeamtentum, die eigenen Interessen über das Gemeinwohl stellen.

Was soll erst geschehen, wenn es ernst wird?

Wenn schon eine nahe liegende, vergleichsweise leicht zu bewerkstelligende Verwaltungsumstellung wie die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zu einem derartigen Desaster gerät, was wird dann erst geschehen, wenn ein Drittel des öffentlichen Personals abgebaut wird, damit Deutschland endlich den Öffentlichen Dienst bekommt, den es sich leisten kann? Was wird passieren, wenn in die Besitzstände Öffentlicher Bediensteter eingegriffen und deren Verdienstmöglichkeiten und soziale Standards den Realitäten in der Privatwirtschaft angepasst werden?

Mit Reformen und dem gewohnten administrativen Verwaltungsstil lässt sich das Problem nicht beheben. Der Öffentliche Dienst wird seit Jahrzehnten unablässig reformiert, eine Gutachterkommission jagt die nächste, unzählige Studien wurden erstellt und teuer bezahlt – doch herausgekommen ist dabei herzlich wenig. Die Bürokratie nimmt weiter zu, in jeder Legislaturperiode kommen viele Tausend Seiten neuer Gesetzestexte hinzu, die wiederum Zehntausende von Seiten an Nachfolgebestimmungen und Kommentaren nach sich ziehen.

Ein weiteres dunkles Kapitel, über das nun seit Jahrzehnten geredet wird, ist die Abschaffung der so genannten kameralistischen Haushaltsführung und die Übernahme der kaufmännischen Buchführung. Ein Kameralist war im 17. Jahrhundert, in den Zeiten deutscher Kleinstaaterei, der Beamte einer fürstlichen Kammer. Und genau dieses staatswirtschaftliche Rechnungswesen, die Kameralistik, wird heute noch in den Öffentlichen Verwaltungen der Bundesrepublik angewandt. Obwohl Experten seit Jahrzehnten die kaufmännische Buchführung anmahnen, ist die Umstellung des Rechnungswesens bis heute nicht über Modellversuche hinausgekommen. Nicht weniger schwer tun sich Verwaltungen mit Computern. Solange sie wie Schreibmaschinen genutzt werden, gibt es kaum Probleme, aber die Vernetzung und die Vereinfachung von Arbeitsabläufen mittels Rechnern machen große Schwierigkeiten. Die Einführung einer neuen Software zieht sich, wie gerade wieder in den Finanzverwaltungen zu beobachten, meist solange hin, dass die Programme längst veraltet sind, wenn endlich damit gearbeitet wird.

Solche Beispiele lassen sich fortführen. Am Ende bleibt eine Erkenntnis: Die Öffentlichen Verwaltungen der Bundesrepublik lassen sich nicht reformieren! Derlei Reformen kämen ohnehin viel zu spät. Erst in Jahren, mitunter Jahrzehnten der Ignoranz und Schönfärberei konnten sich Missstände zu einem ernsten Problem ausweiten. Das Ideal des menschlichen Zusammenwirkens ist eine lernende Organisation, die sofort auf äußere Veränderungen reagiert, nicht erst, wenn es zu spät ist. Viele Ideen dazu stammen aus den dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts und haben in einigen Industrienationen unter dem Begriff Total Quality Management (TQM) regelrechte Qualitätsoffensiven ausgelöst.

Am Anfang dieses Konzepts steht immer eine aufrichtige, jeden Mitarbeiter einbeziehende Selbsteinschätzung, die besondere Anforderungen an das Führungspersonal stellt. Doch im Öffentlichen Dienst gibt es noch nicht einmal etwas, was sich als Führungskultur bezeichnen ließe. Karrieren entstehen anhand von Lebensaltersstufen, durch Kratzbuckeln, den Eintritt in die richtige Partei und die Bildung von Netzwerken. Soziale Kompetenz spielt dabei kaum eine Rolle, sonst wären weit mehr Frauen in verantwortungsvollen Positionen. Karrieren werden beim Golfspiel besprochen und beim anschließenden Besuch der Türkischen Sauna. Oft entscheidet allein der richtige Stallgeruch. Deutsche Männer lieben den martialischen, auf feste Hierarchien gegründeten Führungsstil. Sie lieben den warmen Händedruck, das gegenseitige Schulterklopfen und Sätze wie: „In den Öffentlichen Verwaltungen wird hervorragende Arbeit geleistet.“

Die Auswirkungen sind bekannt: Deutschland ist die Industrienation mit den am wenigsten motivierten Arbeitnehmern. Nur jeder Achte erledigt seine Arbeit mit Freude und Engagement, der Rest macht Dienst nach Vorschrift oder hat innerlich bereits gekündigt. Die Deutschen quälen sich lustlos durch den Arbeitstag, ihre Ideen und ihr kreatives Potenzial entfalten sie in der Freizeit. Die Ursachen der Unzufrie-denheit mit der Arbeit liegen nahezu immer beim unmittelbaren Vorgesetzten. Das zeigen Befragungen von Beratungsgesellschaften wie beispielsweise der in allen OECD-Ländern vertretenen Gallup Organization.

Peer Steinbrück war auf der richtigen Fährte

Am Anfang jeder Erneuerung muss deshalb immer ein Mentalitätswandel stehen, eine neue Führungskultur, ein – wie es im Abschlussbericht der Bull-Kommission heißt – „aktivierender Führungsstil“, der sich durch „eine mitarbeiterbezogene, motivierende und wirklich führende Vorgesetztenfunktion“ auszeichnet. Dieses in Nordrhein-Westfalen unter Führung des Hamburger Professors Hans-Peter Bull erarbeitete Thesenpapier ist das bundesweit fortschrittlichste Erneuerungsprogramm für die Öffentlichen Verwaltungen. Nie zuvor wurde der Öffentliche Dienst einer so schonungslosen Betrachtung unterzogen, niemals vorher hat eine Regierungskommission so klar und unmissverständlich herausgearbeitet, was geschehen muss.

„Führungsfunktionen“, heißt es in dem während der Regierungszeit von Peer Steinbrück erschienenen Abschlussbericht, „sollen wirklich aufgrund einer Bestenauslese besetzt werden; Ämterpatronage und sonstige politische Einflüsse müssen abgewehrt werden. Führungskräfte müssen aus der Privatwirtschaft angeworben werden. Fehlbesetzungen müssen leichter korrigierbar werden, als sie es heute sind.“ Wenn sich aber eine starre Verwaltung in eine sich ständig verbessernde, lernende Organisation verwandeln soll, dann muss zunächst der Vorgesetzte ständige Lernbereitschaft signalisieren. Er muss an seinem Führungsstil arbeiten und dabei Hinweise und Kritik der Mitarbeiter aufgreifen. Er muss Leistung anerkennen und jedem Sachbearbeiter konsequent die Verantwortung für seinen Aufgabenbereich übertragen. Zugleich muss er die Aufmerksamkeit von seiner Person weglenken und das Kundeninteresse, also den Bürger, in den Mittelpunkt aller Bemühungen stellen.

Wer diese Erfordernisse an der Realität misst, muss zu dem Schluss kommen, dass am Beginn jeder Erneuerung ein großer Teil der Führungskräfte in den Öffentlichen Verwaltungen ausgewechselt werden muss. Vor allem aber muss der Bundestag ein völlig neues Beamtendienstrecht auf den Weg bringen und seine Dienstherrenkompetenz nutzen, noch bevor die Föderalismuskommission dem Bund möglicherweise die Rahmengesetzgebung für die Beamten abhandelt, vollständig auf die Länderebene verschiebt – und Deutschland in die Kleinstaaterei zurückfällt.

Der Bundestag muss einmal alle seine Kraft zusammennehmen und, wie es im Bull-Bericht heißt, für den Öffentlichen Dienst einen „einheitlichen Beschäftigungsstatus auf privat-rechtlicher Grundlage“ schaffen, also ein öffentliches Arbeitsrecht, das sich nicht länger von dem der Privatwirtschaft unterscheidet. Dabei sollte das Einkommen der öffentlich Beschäftigten „grundsätzlich aus einer Basisvergütung und einer variablen Leistungsvergütung bestehen“, die einen „signifikanten Anteil“ ausmachen muss – je nach Position zwischen 10 und 30 Prozent der Gesamtbezahlung. Zugleich muss endlich ernst gemacht werden mit einer konsequenten Budgetierung der Öffentlichen Verwaltung. So würden die Voraussetzungen dafür entstehen, dass die Staatsbeschäftigten all ihre Kraft in einen effektiven Umgang mit dem knappen Geld investieren und nicht in Proteste gegen den Sparkurs der Regierung.

In nur vier Jahren könnte sich alles ändern

Ein Umbau der Öffentlichen Verwaltungen wird nur gelingen, wenn die Beschäftigten die Erneuerung mitgestalten können. Ihre Kompetenz, ihr kreatives Potenzial muss jedoch erst geweckt werden. Damit der Mentalitätswandel gelingt, kann sich das Führungspersonal der TQM-Prinzipien bedienen. In anderen Industrienationen hat dieses Kürzel einen Mentalitätswandel ausgelöst. Hier finden sich TQM-Prinzipien sogar in politischen Debatten wieder, wäh-rend diese Entwicklung an Deutschland spurlos vorübergegangen ist. Dabei gibt es ein in Frankfurt am Main ansässiges EFQM-Center, einen deutschen Ableger der European Foundation for Quality Manage-ment. Das EFQM-Center schreibt jährlich einen Qualitätswettbewerb aus und vergibt den Ludwig-Erhard-Preis. Jedes Unternehmen kann teilnehmen. Dazu wird der Fortschritt der Umgestaltung nach dem European Model for Business Excellence bewertet. Doch das Deutsche EFQM-Center führt ein Schattendasein. Das Interesse ist gering. Es fehlt eine bundesweite Qualitätsoffensive, ein Umdenken zu mehr sozialer Kompetenz in deutschen Führungsetagen.

Was muss geschehen? Als erste Schritte genügen eine zeitgemäße Führungskultur, die Erneuerung des Dienstrechts der Beamten, die Budgetierung der Staatsfinanzen und die Herstellung von Transparenz. Binnen einer einzigen Legislaturperiode könnte sich in Deutschland alles ändern, in öffentlichen Unternehmen und Behörden, in Ämtern und Schulen. Am Anfang aber muss der politische Wille zur Veränderung stehen.

Von Olaf Baale und Werner Bergholz ist kürzlich erschienen: Das deutsche Führungsproblem: Kompendium der Arbeitsfreude in Staat und Wirtschaft, München: Deutscher Taschenbuch Verlag 2005, 179 Seiten, 12,50 Euro.

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