Mit Peter Harry fast im Reich der Mitte

Nippon nimmt die Erniedrigten und Beleidigten von Schleswig-Holstein auf

Da bin ich in der letzten Woche zu Fuß zwischen Shinagawa und Takawanadai unterwegs – Sie wissen schon, den Berg rauf, direkt an der Bushaltstelle vorbei, dann links halten und über den Platz, schwapp in die U-Bahn ... Wen treffe ich da plötzlich und unerwartet? Den Peter Harry Carstensen! In voller Montur. Mit Gummistiefels und Bart und so. Mitten in Tokio! Auf dem Foto sehen Sie ihn ganz hinten links leider etwas verschwommen. Ich gleich auf ihn zu: “Herr Oppositionsführer im Schleswig-Holsteinischen Landtag und Vorsitzender der CDU-Landtagsfraktion, Herr Peter Harry Carstensen, MdB, Sie hier? Kleine Brautschau nach all der Anstrengung?” Der so freundlich Angesprochene starrte mich aus großen wattwunden Augen an, machte auf dem Absatze kehrt und verschwand in der Menge. “Erwischt!”, dachte ich und machte mir so meine Gedanken, was unser Peter Harry so kurz nach der bitteren Niederlage im Hohen Norden nun hier im Fernen Osten zu suchen hätte.

Dunkel ahnte es in meinem Hinterkopfe: Hatte nicht auch die schöne Heide in ihrer Jugendzeit Japan einst als Deutsch-Tutorin heimgesucht? Und war weiser denn je vom Fujijama in die Niederungen der Politik zurückgekehrt, um dort diese blitzsaubere Karriere hinzulegen? Nahm sich der Peter ein spätes Beispiel daran und pilgerte statt nach Westerdeichstrich oder Strucklahnungshörn nun in das Land der aufgehenden Sonne? Fragen über Fragen.

Ich aber konnte mich damit so gar nicht aufhalten, war Thea doch auf den Spuren des Berliner Kultbuddhas Thomas Flierl unterwegs, der auf der Suche nach einem Intendanten für die Puppenbühne Pankow jüngst Japan abgegrast hatte. Irgendjemand hatte ihm vom Kabuki oder so Theater erzählt, und da der Thomas in Berlin wenig zu tun hat, ergriff er die erste Gelegenheit und düste mal kurz rüber nach Nippon. Soll ja früher bloß bis Peking gekommen sein. Schulungsweise, wie ich mal vermute. Ich also auf den Spuren des Senators durch die Hauptstadt der Japaner, und das Büro für Ausländertourismus wusste auch schon Bescheid: “Wenn Sie das Wirken des Großen Thomas, in Japan genannt Östlicher Lotuspfad der Weisheit, bestaunen wollen, dann fahren Sie bis Hiroo und ab in den Park.” Gesagt, getan: Dort fand ich folgende, im Foto festgehaltene Inschrift: “An diesem Orte weilte jüngst der Berliner Senator Thomas Flierl, einer der Besten seines Faches, Krone der Weisheit, Lotus aller Blüten, Sela. Hier fand er, was in Berlin so selten: Einheit mit sich und der Welt. Gegeben zu B1 am ... (Rest unlesbar).”

Heiliger Ort! Thomas-Ort! Fernab des deutschen Getriebes voller Oberflächlichkeit und Rumsabbelei: Hier stand er, unser Flierl, der Flierl in uns allen, stand und stand. Ich war beeindruckt, wie die Tokioter auch. Nebenan die zukünftige Flierl-Akademie für angewandte Weltverziehungswissenschaften, deren Eingangstore bald auch dem Bürgermeister offen stehen werden und die nach Auskunft des zuständigen Haushofundpfründenamtes in Bälde durch den Stölzl eröffnet werden soll.

Ansonsten muss ich hier an dieser Stelle mal ein Geheimnis lüften: Ich sehe wirklich gut aus. Sagen meine ehemaligen Männer übereinstimmend, und den zukünftigen rate ich es schon heute. Nicht so in Japan. Dort sehe ich nicht gut aus. Dort sehe ich gar nicht aus. Die Herren der nipponesischen Schöpfung haben mich über Tage schlicht und einfach ignoriert. Total. Nichts zu wollen mit den üblichen Lidaufschlägen, Augenklimperern und Hüftenschwüngen, die mir daheim das Leben so leicht und locker von der Hand gehen lassen. Der männliche Japaner schaut nicht hin und die weiblichen Japaner sind stets und ausschließlich darauf bedacht, beim Dahineilen nicht von den Hohen Hacken zu kippen. Der einzige attraktive Japaner, den ich an der Reistheke kennenlernte und in ein Gespräch verstrickte, stellte sich nach Stunden als Dieter Kosslick heraus. Der mir berichtete, seit vielen Jahren von Dezember bis Mai in Japan zu weilen und sich seit ebenso langer Zeit durch seinen Bruder bei den Filmfestspielen vertreten zu lassen, da ihm die ganze Filmerei mit den Sternchen drumrum und den blöden roten Vorlegern furchtbar auf den Keks gehe. Und die vielen schlechten Filme übrigens auch.

Nach drei Tagen habe ich dann noch Peter Harry wieder gesehen. Selbdritt mit dem Föhn-Kubicki aus Kiel und Hund Trixi (links auf dem Bild). Alle drei wollten sich von den undankbaren Schleswigern und Holsteinerinnen erholen, die ihre langjährigen Verdienste um Marschenvolk und Vaterland wieder einmal knapp nicht zu würdigen wussten. Trixi übrigens soll sich nach Herrchens Willen im Landtag doch noch zur Wahl als Ministerpräsidentin stellen. Was mir dazu einfällt, darf ich leider nicht aufschreiben, weil die Redaktion gelegentlich und verständlich auf Regierungslinie rummacht und ich auf die Knete angewiesen bin. Trixi an der Förde .... ein ungeschriebenes Kapitel der Geschichte.

Kubicki jedenfalls will in Kyoto einen Waschsalon aufmachen für Linksliberale, die im fernen Heimatland seit den Zeiten von Baum und Hirsch nicht mehr gebraucht werden und ihm seit 40 Jahren ein Dorn im Auge sind. Er selbst strebt, wie im Lande zu hören ist, die Würde des Ministerpräsidenten im Jahre 2019 an. Bis dahin will er mit Hilfe gewaschener Liberaler herausgefunden haben, was “Würde” bedeutet. Das heute schon feststehende Plakat der FDP zur Bundestagswahl 2006 sei als letzte Information beigefügt. Das Motto lautet, frei aus dem Japanischen: “Wenn schon Popel, dann von uns.”

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