Kauf deutsch!



Noch hat das "P-Wort" keinen Eingang in die deutsche Debatte über den Umgang mit der Finanzkrise gefunden. Der amerikanische Präsident Barack Obama hat die "Buy American"-Klausel noch in letzter Minute aus seinem Rettungspaket getilgt, hingegen konnte sich der britische Premierminister Gordon Brown die Parole "British jobs for British workers" nicht verkneifen. Dass die Deutschen besonders vorsichtig mit dem "P-Wort" sind, hat etwas mit ihrer Leidenschaft für den Export zu tun. "Deutsche kauft deutsche Produkte" " eine solche Aufforderung würde auf wenig Verständnis bei unseren Handelspartnern in aller Welt stoßen, wo Made in Germany noch ein Verkaufsvorteil ist.

Dennoch steht der Protektionismus vor der Tür. Denn mit jeder neuen Hiobsbotschaft aus der Wirtschaft " Insolvenzen, Arbeitsplatzabbau, Kreditklemme " stehen alle Regierungen unter dem Druck, einheimische Beschäftigung zu fördern und zu schützen. Ob dies nun in Form von staatlichen Beihilfen, Garantien oder Teilverstaatlichungen geschieht oder mithilfe von Handelsbarrieren und anderer diskriminierender Praktiken gegenüber ausländischen Produkten ist zwar durchaus bedeutend, weil diese Maßnahmen in der Praxis unterschiedliche Auswirkungen haben. Doch im Grunde entspringen sie alle der gleichen Logik: Das Risiko von Insolvenzen und damit der Wettbewerb soll eingeschränkt werden " zugunsten der nationalen Wirtschaft.

Darf man das? Sollte man das dürfen? Die Beantwortung dieser Gretchenfrage fällt Christdemokraten und Liberalen schwerer als der politischen Linken, die dem Erhalt von Arbeitsplätzen traditionell mehr Bedeutung beimisst als den Prinzipien der Marktwirtschaft. Jedoch ist die Frage falsch gestellt. Keine Regierung kann ungerührt mit ansehen, wie die Finanzkrise ihre wirtschaftliche Basis ruiniert. Und sie kann den Einsatz der genannten Instrumente schon gar nicht grundsätzlich ausschließen, solange auch andere Länder ihren Industrien großzügig unter die Arme greifen.

In der Finanzkrise ist das Spielfeld der globalen Arbeitsteilung hügeliger geworden. Die mühsam erarbeiteten und nur halbwegs zufriedenstellenden Spielregeln für einen fairen Wettbewerb zum Vorteil aller stehen massiv unter Beschuss. Um im Bild zu bleiben: Keiner Regierung hilft ein ehernes Gesetz des Staates als Schiedsrichter, wenn die Mannschaften im Matsch versinken und vor lauter Sturm das gegnerische Tor nicht mehr erkennen können.

Vom Protektionismus zum Nationalismus

Aber zugegeben: Der beschriebene Trend ist extrem gefährlich. Protektionismus und Staatsgarantien führen nicht nur zu verzerrten Wirtschaftsstrukturen und einem langsameren Wachstum aus der Krise, sondern sie paaren sich auch schnell mit Nationalismus und einer aggressiven auswärtigen Politik. Je größer die Rolle des Staates bei der nationalen Krisenbewältigung wird, desto stärker müssen seine Handlungen aus ökonomischen und politischen Gründen im globalen Kontext betrachtet werden, um einen globalen Unterbietungswettlauf zu verhindern.

Das gilt übrigens auch für die neue Runde der Kostensenkungsprogramme einzelner Unternehmen, die uns ins Haus stehen. Lohnsenkungen in Irland und Ungarn helfen zwar vorübergehend den dortigen Standorten, befeuern aber einen ungesunden Wettlauf nach unten. Deshalb ist das Vorhaben, Opel mittels Lohnverzicht aus der Krise zu führen, in einer globalen Strukturkrise zu kurz gegriffen. An der supranationalen Koordinierung nationaler Strategien zur Krisenbewältigung durch Regierungen und Unternehmen führt schon lange kein Weg mehr vorbei. Die Staaten der G20 haben alle Hände voll zu tun.

zurück zur Ausgabe