Flucht auf der Spree

Wie Sahra W. einmal eine existenzielle Grenzerfahrung machte

theatucher Spree

Thea: Sie reisten zu Wasser auf der Spree. Wie war’s?

Sahra: Wir standen ganz dicht gedrängt auf dem Boot. Das war echt total beklemmend. Und stellen Sie sich mal vor, das war ein ORIGINAL Boot! Vom 13. Juli 2015. Mittelmeererprobt in hellgrau. Auch ein ORIGINAL Flüchtling war dabei. Gruselig, das kann ich Ihnen mal sagen.

Thea: War es gefährlich?

Sahra: Und wie. Die Spree fließt hier vor dem Bundestag mit 50 Zentimetern pro Sekunde und ist zwei Meter tief! Die Wasserschutzpolizei war mehr als 5 Meter von uns weg und meine Schwimmweste passte auch nicht optimal.

Thea: Wer kam denn auf diese tolle Idee?

Sahra:    Keine Ahnung, das stand in meinem Kalender. Gefährlich war auch, dass der Dietmar mit war und die Simone Peter. So viele Grüne sind in einer dermaßen prekären Situation ja gar nicht zu kontrollieren. Ich habe sogar gehört, dass Frau Cansel von der SPD dabei gewesen sein soll. Wenn ich das gewusst hätte, wäre ich an Land geblieben. Die hat schon 2013 irgendwas mit Steinbrück vor Kulisse am Wasser gepostet. Anbiederisch, das.

Thea: War der Ulrich Kelber nicht auch da?

Sahra: Kann sein. Der ist doch gegen den Umzug vom Rhein an die Spree. Und hat schon deswegen allen Grund, die Gefahren dieses Gewässers herauszustellen.

Thea: Und dann wären Sie auch wirklich beinahe gekentert?

Sahra: Ja! Plötzlich inmitten all der düsteren, nassen Einsamkeit unserer Flucht, so zwischen n-tv, RTL 2 und BILD-Zeitung, erschien der bayerische Verteidigungsminister Karl Theodor am Ufer und winkte uns zu. Alle wollten ein Selfie und strömten nach Backbord! Extrem undiszipliniert der ganze Fluchthaufen. Wie im ORIGINAL. Echt krass.

Thea: Von wo nach wo ging Ihre Flucht eigentlich genau?

Sahra: Wir sind im ehemaligen Osten an Bord gegangen und auch dort wieder ausgestiegen. Insofern war es keine ganz richtige Flucht – also von Ost nach West, wenn Sie mich verstehen. Aber wir hatten vom Wasser aus einen tollen Blick auf die Kreuze der Mauerflüchtlinge. Echt krass. Wenn Sie meine Biografie kennen, wissen Sie, dass ich in der DDR deutlich mehr Ärger hatte als Angela Merkel. Nur mal so.

Thea: Aber alles in Allem: Ein großer Erfolg.

Sahra: Unbedingt. Die Sensibilität für Handlungsnotwendigkeiten in begrenzten Räumen ist enorm gestiegen. Außerdem will ich jetzt auch so ein Schlauchboot. Saarbrücken liegt definitionsgemäß am Wasser und Grillfans dürfen seit 2013 unter Beachtung verschiedener Regelungen auf mehreren ausgewiesenen Flächen entlang der Saar grillen. Das ist doch eine gute Freizeitkombi und ergibt jedenfalls mehr Sinn, als mitten in der Flüchtlingskrise auf Malle zu urlauben wie der Herr Innenminister. Das hat schon einem seiner Vorgänger nicht gut getan.

Thea: Also wieder aufs Wasser?

Sahra: Klar, der Mantel der Geschichte weht zugunsten derjenigen, die genug Puste haben, die Windrichtung zu bestimmen. Das ist von Christa Wolf.

Thea: Was kommt als Nächstes?

Sahra: Das ist geheim. Ich will nur so viel verraten: Wir wollen auf die Gefahren des Wurstessens spektakulär hinweisen. Ob wir dabei wirklich öffentlich Salami verspeisen werden, ist noch in der Debatte. Ich kann zur Not zwar schwimmen, gebe aber nicht so gern von mir.

Thea: Was wünschen Sie sich zu Weihnachten?

Sahra: Eine Ralf-Stegner-Puppe.

Thea: Danke für das Gespräch.

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