Es geht um eine neue Gesetzgebungskultur

zu Werner Jann, Warum Bürokratieabbau so schwer ist, Berliner Republik 1/2007

In seinem Essay „Warum Bürokratieabbau so schwer ist“ stellt Werner Jann die Vielschichtigkeit und lange Geschichte des „Bürokratieabbaus“ in Deutschland sehr anschaulich dar. In der Tat betritt die Bundesregierung mit dem Regierungsprogramm „Bürokratieabbau und bessere Rechtsetzung“, das durch den neu eingesetzten Nationalen Normenkontrollrat kritisch begleitet wird, keineswegs Neuland. Vielmehr ist der Abbau von Bürokratie ein Themenfeld, das bisher in kaum einem Regierungsprogramm gefehlt hat. Nachhaltige Entlastungswirkungen konnten jedoch bisher kaum erzielt werden.

Deshalb stellt sich die Frage, welche Wirkung von dem Vorhaben der Bundesregierung und der Arbeit des Normenkontrollrats zu erwarten sind. Für Werner Jann besteht die entscheidende Stärke des neuen Ansatzes darin, dass durch Anwendung des so genannten Standardkosten-Modells neue, bisher nicht vorhandene Informationen im Regulierungsprozess erhoben, transparent gemacht und bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt werden.

Als Vorsitzender des Nationalen Normenkontrollrats teile ich diese Auffassung nachdrücklich. Im Unterschied zu früheren Versuchen geht es dieses Mal um einen umfassenden Ansatz, bei dem bürokratische Belastungen quer durch alle Gesetzgebungsbereiche systematisch erfasst, analysiert und quantifiziert werden. Mit diesem quantitativen Ansatz können wir den gesamten Umfang der Bürokratiekosten darstellen. Das hat zur Folge, dass sich Ziele und Maßnahmen für den Abbau bürokratischer Belastungen klar darstellen und formulieren lassen. Erstmals ergibt sich damit eine realistische Perspektive, um die Belastungen von Bürgern, Unternehmen und Verwaltung spürbar zurückzuführen.

Alle zusammen, konstruktiv und engagiert

Der Normenkontrollrat hat in diesem Prozess nicht nur die im Gesetz festgelegte Kontrollfunktion, also die Aufgabe, die mit neuen Gesetzesvorhaben verbundenen Informationsverpflichtungen zu überprüfen. Er berät zudem Parlament, Bundesministerien und Statistisches Bundesamt in der Frage, wie Bürokratie effizient und nachhaltig abgebaut werden kann, auch unter Einbeziehung der Erfahrungen in anderen europäischen Ländern.

In diesem Zusammenhang müssen auch die Erfahrungen in Wirtschaft und Unternehmen genutzt werden. Sie sind als Adressaten von Informationsverpflichtungen natürliche Partner bei der Suche nach praktischen Wegen zum Abbau dieser Belastungen. Es kommt also darauf an, dass alle Akteure – Bundesministerien, Bundestag, Wirtschaft, Verwaltung – konstruktiv und engagiert zusammenarbeiten, um gemeinsam Fortschritte zu ermöglichen.

Letztlich muss die Vermeidung bürokratischer Belastungen selbstverständlicher Bestandteil in der praktischen Gesetzgebung werden. Dies gilt für Ministerien, Regierung und Parlament ebenso wie für Wirtschaftsverbände und Unternehmen, wobei letztere aufgrund ihrer jeweiligen Sonderinteressen häufig Verursacher bürokratischer Regelungen sind. Es geht also um eine Veränderung der Gesetzgebungskultur bei allen Beteiligten. Hierin liegt der Schlüssel zu dauerhaftem Erfolg.

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