Die Krise vertan?

Der in der Finanzkrise entstandene Reformdruck ist verpufft, die Banken sind wieder obenauf. Dabei gehen vom unterregulierten Finanzmarkt weiterhin große Risiken aus. Welche Reformen sind nötig?

Auch drei Jahre nach dem Untergang der Investmentbank Lehman Brothers und der Kettenreaktion im Weltfinanzsystem bleibt die politische Antwort auf die Finanzkrise zaghaft und unvollständig. Inzwischen wird die Diskussion über die Regulierung des Finanzsystems vor allem von Spezialisten in Fachkreisen geführt. Das dürfte, wie in der Vergangenheit auch, in erster Linie den Banken nützen. Wichtige Lehren aus der Krise drohen schon jetzt unbeachtet zu bleiben. Dabei sind die ökonomischen Risiken, die von einem unterregulierten Finanzsektor ausgehen, noch immer enorm. In den meisten Ländern halten die Banken weiterhin nicht genug eigenes Kapital vor, um künftige Finanzkrisen ohne staatliche Unterstützung überstehen zu können. Das Muster der Privatisierung von Gewinnen und der Sozialisierung von Verlusten bleibt bestehen. Im Folgenden werde ich anhand von vier Thesen erläutern, was versäumt wurde und was noch getan werden sollte.

Erstens: Wir brauchen dramatisch höhere Eigenkapitalquoten im Bankensystem. Solange große Finanzinstitute mit zu geringer Eigenkapitalausstattung Geschäfte machen, besteht die Gefahr, dass Gewinne privatisiert, Verluste aber sozialisiert werden. Im Hinblick auf die Eigenkapitalausstattung der Banken bleibt das Missverhältnis zwischen gesellschaftlichen Stabilitätsanforderungen und privatwirtschaftlichen Profitinteressen bis auf den heutigen Tag eklatant. Eine Verschärfung der Eigenkapitalvorschriften für Banken und andere Finanzinstitute ist ökonomisch dringend geboten.

Die Banken spielen mit der Politik Katz und Maus

Geringe Eigenkapitalquoten im Bankensystem institutionalisieren die Erpressbarkeit der Politik. Die Problematik lässt sich anhand der aktuellen Diskussion um eine mögliche Umschuldung Griechenlands illustrieren. Im Jahr 2010 haben die Aktienbanken in der Eurozone bereits wieder gut 40 Milliarden Euro Gewinn gemacht. Statt diese Gewinne vollständig zu nutzen, um mehr Eigenkapital aufzubauen, schütteten sie Dividenden in Höhe von rund 16 Milliarden Euro an ihre Aktionäre aus. Im Jahr 2011 dürften es sogar rund 20 Milliarden Euro an Dividenden werden. Banken, die Gewinne an Aktionäre ausschütten, scheint es gut zu gehen. Doch wenn es um die Restrukturierung von Schulden von Ländern der Eurozone geht, warnen die Banken (und die Europäische Zentralbank EZB) paradoxerweise vor den angeblich unbeherrschbaren Konsequenzen einer Umschuldung. Die Eigenkapitaldecke der Banken sei zu schwach, um mögliche Verluste auszugleichen. Das Bankensystem als Ganzes sei gefährdet, ein zweites „Lehman“ drohe. Folglich spielen die Banken mit der Politik weiterhin Katz und Maus. Strengere Eigenkapitalvorschriften würden solche Zwangslagen weit seltener machen; das unbestimmte Drohpotenzial der ungeordneten Bankinsolvenz (sprich: „Lehman Brothers“) würde erheblich verringert.

Wie viel Eigenkapital muss sein?

Bleibt die Frage, wie hoch die Eigenkapitalquoten in Zukunft liegen sollten. Aus der Perspektive der Banken ist die Antwort eindeutig: So niedrig wie möglich, denn je größer der Verschuldungshebel ist, desto höher sind in guten Zeiten die Eigenkapitalrenditen. Als die Rendite auf Staatsanleihen unter 5 Prozent lag, wurden Renditen in Höhe von 25 Prozent und mehr angepeilt. Dies konnte nur funktionieren, weil die Banken erhebliche zusätzliche Risiken eingingen – die in der Krise dann vom Steuerzahler und den Zentralbanken abgefangen werden mussten. Was für die Banken aus privatwirtschaftlicher Sicht sinnvoll ist, ist aus gesamtgesellschaftlicher Sicht nicht wünschenswert.

In den so genannten Basel III-Verhandlungen werden für das Kernkapital der Banken mittlerweile Werte von 6 Prozent angestrebt. Unter Kernkapital versteht man das von den Aktionären eingezahlte Kapital. Hinzu kommt nach den Plänen der Baseler Bankenregulierer ein weiterer Puffer zur Kapitalerhaltung in Finanzkrisen. Dadurch soll die Kernkapitalquote auf schließlich rund 8,5 Prozent steigen. Dies würde zweifelsohne einen erheblichen Fortschritt im Vergleich zu den Vorkrisen-Niveaus bedeuten. Aber reicht es aus, um das System für die nächste Krise sicher zu machen? Diese Frage lässt sich in Analogie zu der Diskussion um Sicherheitsbestimmungen für Atomwerke betrachten: Welchen Katastrophenszenarien soll das System widerstehen können? Eine Antwort wäre, dass das Finanzsystem in Zukunft in der Lage sein sollte, aus eigener Kraft solche Verluste zu tragen, wie wir sie in vergangenen Finanzkrisen beobachtet haben – ohne auf staatliche Hilfe angewiesen zu sein. Entscheidend ist daher, wie hoch die Verluste des Bankensystems in vergangenen Krisen waren und ob die derzeit diskutierten Eigenkapitalanforderungen ausreichen würden, um in solchen Krisen solvent zu bleiben. Blickt man aus wirtschaftshistorischer Perspektive auf die Finanzkrisen der vergangenen Jahrzehnte, dann zeigt sich, dass die Verluste der Banken relativ zu ihren (risikogewichteten) Forderungen durchschnittlich bei 5 bis 10 Prozent lagen. In einigen Krisen lagen die Verluste auch weit höher, bei 20 Prozent und mehr, etwa in der Asienkrise.

„Too big to fail“ darf es nicht mehr geben

Vergleichbare Zahlen gibt es auch für die jüngste Krise. Addiert man die Verluste der europäischen Banken im Geschäftsjahr 2008/09 auf, ergeben sich finanzielle Verluste von rund 600 Milliarden Euro. Gleichzeitig betrugen die risikogewichteten Aktiva der europäischen Banken gut 8 Billionen Euro. Die Verluste lagen demnach bei etwa 6 bis 7 Prozent der Bankaktiva. Jedoch war die Streuung unter den Banken weitaus größer. Und ohne die enorme geld- und fiskalpolitische Unterstützung wären die Verluste noch weitaus höher ausgefallen. Somit wäre ein Krisenpuffer in Form einer Eigenkapitalquote von 10 Prozent und mehr notwendig, um das Bankensystem allein für eine ganz „normale“ Finanzkrise zu rüsten.

Aber die Banken müssen in einer Krise nicht nur Verluste von bis zu 10 Prozent vertragen können. Nach diesen Verlusten müssen sie noch über genug Eigenkapital verfügen, um weiterhin funktionieren zu können. Sie sollten nicht gezwungen sein, mitten in der Krise ihre Kreditvergabe massiv einzuschränken. Wie viel Eigenkapital sollte daher auch auf dem Höhepunkt der Krise noch vorhanden sein, damit Zweifel an der Solidität der Banken nicht aufkommen und eine Kreditklemme gar nicht erst entstehen kann? Diese untere Grenze für die Eigenkapitalquote dürfte bei etwa 4 bis 5 Prozent liegen. Zusammengerechnet ergibt sich eine erforderliche Eigenkapitalquote von 14 bis 15 Prozent. Soll zudem sichergestellt sein, dass diese systemrelevanten Institutionen besonders stabil sind, könnte man einen zusätzlichen Aufschlag von 2 bis 3 Prozentpunkten rechtfertigen. Idealerweise sollten die Eigenkapitalquoten also insgesamt zwischen 16 und 18 Prozent betragen – das wäre etwa doppelt so hoch wie der Wert, der gerade in Basel verhandelt wird.

Aus diesen Überlegungen folgen zwei Dinge. Zum einen würde das derzeit in Basel diskutierte Eigenkapital in Höhe von rund 8 Prozent im Krisenfall nahezu vollständig aufgebraucht. Zum anderen wären die gegenwärtig in der Schweiz und in Großbritannien diskutierten Eigenkapitalquoten von bis zu 20 Prozent im Licht der historischen Erfahrung vergangener Finanzkrisen gerechtfertigt und gesellschaftlich auch wünschenswert. Deutschland und Europa sollten diesem Beispiel folgen.

Zweitens: Für systemrelevante Institutionen sollte die „Volcker-Regel“ gelten. Das ist eine logische Konsequenz aus der „too-big-to-fail“-Problematik. Niemand sollte mit einer staatlichen Garantie im Rücken das Kasino der globalen Finanzmärkte betreten dürfen, um auf das Auf und Ab von Kursen zu wetten. Der volkswirtschaftliche Nutzen dieser Aktivitäten ist gering, während der potenzielle Schaden für den Steuerzahler enorm ist, besonders wenn es große Banken betrifft. Die Finanzkrise hat das Problem der Systemrelevanz von Finanzinstituten deutlich aufgezeigt. Langfristig sollten Institutionen, die so groß sind, dass sie massiven gesamtwirtschaftlichen Schaden verursachen, wenn sie Pleite gehen, gar nicht erst existieren. Sie sind mit der Idee einer fairen Wettbewerbsordnung nicht vereinbar. Auch wird der politische Einfluss solcher Institutionen stets größer sein als wünschenswert. Bis zur Lösung dieser grundsätzlichen Fragen müssen Wege gefunden werden, das Geschäftsgebaren der großen Finanzinstitute so zu regulieren, dass sie die impliziten staatlichen Garantien nicht im privaten Profitinteresse ausnutzen können.

Die Gefahren des Schattenbankensystems

Genau das ist der Grundgedanke der so genannten „Volcker-Regel“, die der amerikanische Kongress als Teil des „Dodd-Frank Wall Street Reform and Consumer Protection Act“ im Juli 2010 verabschiedet hat. Sie besagt, dass systemrelevante Finanzinstitute – also solche, die im Zweifelsfall vom Staat gerettet werden müssen – besonderen Auflagen unterliegen. So untersagt die „Volcker-Regel“ diesen Instituten den spekulativen Eigenhandel. Zwar dürfen diese Banken weiterhin für ihre Kunden Transaktionen abwickeln. Jedoch dürfen sie nicht selbst in größerem Umfang Handelspositionen aufbauen und damit auf Marktbewegungen in die eine oder andere Richtung wetten. Spekulative Geschäfte dieser Art blieben dann Akteuren vorbehalten, die so klein sind, dass sie ohne weiteres auch in die Insolvenz gehen können.

Drittens: Schattenbanken und marktbasierte Finanzintermediäre müssen den gleichen Regulierungen unterworfen werden wie traditionelle Banken.
Das rasante Wachstum marktbasierter Formen der Finanzintermediation – also der Vermittlung von Kapitalnachfrage und -angebot – ist eine der markantesten Veränderungen des Finanzsystems in den letzten Jahrzehnten. Die Gefahren, die vom Schattenbanksystem ausgehen, sind in der Krise offenkundig geworden. Natürlich muss die Regulierung verstärkt werden. Es ist aber auch wichtig, die Ursachen für das starke Wachstum dieses Teils des Finanzsystems zu verstehen.

Was sind Schattenbanken? Der wichtigste Unterschied zum herkömmlichen Bankensystem liegt darin, dass sich Schattenbanken und andere marktbasierte Finanzintermediäre nicht über Einlagen von Haushalten und Unternehmen finanzieren, sondern über die Emission von Wechseln oder Anleihen kurzfristige Liquidität am Finanzmarkt aufnehmen. Sie leihen sich Geld von anderen Marktteilnehmern und verleihen es dann zu einem höheren Zins weiter. Die Fragilität der marktbasierten Finanzintermediation in Krisenzeiten ist eine zentrale Einsicht aus dem Zusammenbruch des Finanzsystems nach dem Untergang von Lehman Brothers. Denn von einem Tag auf den anderen „trockneten“ wichtige Finanzierungskanäle des Finanzsystems aus; es kam zu einer Panik auf dem Interbankenmarkt.  

Weniger Regulierung, wilderes Wachstum

Erste Lehren wurden bereits gezogen, doch wichtige Fragen bleiben unbeantwortet. Klar ist, dass Schattenbanken, sofern sie zu einer „normalen“ Bank gehören und über entsprechende Liquiditätsgarantien verfügen, in der Bilanz konsolidiert werden müssen. Ein Desaster wie bei der Industriebank IKB wird es dann nicht mehr so einfach geben. Fest steht auch, dass für marktbasierte Finanzintermediäre und Schattenbanken, die eine kritische Größe erreicht haben, ebenfalls die „Volcker-Regel“ angewendet werden muss. Dies betrifft vor allem die großen marktfinanzierten Investmentbanken wie Goldman Sachs und Morgan Stanley, die nicht unter dem Dach einer Geschäftsbank agieren. Dies wird helfen, ein zweites „Lehman“ zu verhindern.

Darüber hinaus müssen aber auch die eigentlichen Ursachen und Konsequenzen des rasanten Wachstums der Schattenbanken und der marktbasierten Finanzintermediation hinterfragt werden. Warum ist dieses Gebiet des Finanzmarktes so stark gewachsen? Die Antwort ist relativ einfach. Gerade weil diese Märkte unreguliert waren, gab es Kostenvorteile, die von den Finanzinstituten ausgenutzt wurden. Ökonomen sprechen in solche Fällen von „Regulierungsarbitrage“.

Im althergebrachten Finanzsystem haben sich Banken bei Haushalten und Unternehmen über kurzfristige Einlagen finanziert, die dann mittel- und langfristig an andere Kreditnehmer verliehen wurden. Diese Transformation von kurzfristigen Einlagen in langfristige Kredite ist traditionell die Achillesferse des Finanzsystems. Denn in Krisensituationen haben die Banken Probleme, ihre langfristigen Kredite schnell genug liquide zu machen, um die kurzfristigen Forderungen der Einleger zu bedienen. Wenn viele Bankgläubiger gleichzeitig ihre Mittel abziehen, kann es zu Bankpaniken kommen.

Sicherungen nur für die traditionellen Banken

Diese Anfälligkeit der Banken ist nicht neu. Sie war der Grund, warum im Laufe des 20. Jahrhunderts Regulierungsmaßnahmen wie Mindestreserveanforderungen und Systeme der Einlagensicherung eingerichtet wurden. Banken mussten in Bezug auf die Liquidität also Mindeststandards einhalten. Diese Sicherungen gelten aber nur für das traditionelle Bankgeschäft mit Einlagen von Haushalten. Die marktbasierte Finanzintermediation umgeht diese Sicherungssysteme. Wenn sich ein Finanzinstitut auf dem Kapitalmarkt kurzfristig Geld leiht, dann unterliegen diese Verbindlichkeiten keinerlei Einlagenschutz und keiner Mindestreservepflicht – und sind daher für das Finanzinstitut kostengünstiger.

Nach dem Untergang von Lehman Brothers kam es zu einer klassischen Bankenpanik in dem Finanzierungsmarkt der Schattenbanken, der keine Liquiditätssicherungen kennt. Nur durch massive Stützungsaktionen der Zentralbanken und staatliche Garantien konnte die Situation unter Kontrolle gebracht werden. Das bedeutet: Die marktbasierte Liquiditätsaufnahme unterliegt letztlich den gleichen Liquiditätsrisiken wie das traditionelle Einlagengeschäft. Daher müssen Regulierungsungleichgewichte beseitigt werden. Mindestreserveanforderungen und andere Formen der Liquiditätssicherung (analog zur Einlagensicherung) braucht es auch für die marktbasierte Liquiditätsaufnahme. Erst wenn Einlagen- und Geldmarktfinanzierung vergleichbaren Liquiditätssicherungen unterliegen, entfallen die Anreize, die in den vergangenen Jahren zum unkontrollierten Wachstum des Schattenbankensystems beigetragen haben.

Viertens: Wir brauchen eine neue systembezogene Finanzmarktaufsicht. Zwischen makroökonomisch ausgerichteter Geldpolitik und mikroökonomisch orientierter Bankenaufsicht klafft eine große Lücke, die ein systembezogenes Monitoring des Finanzsystems („makroprudenzielle Aufsicht“) schließen könnte. Vor der Krise haben weder die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht „BaFin“ noch die Bundesbank oder die EZB (oder irgendeine andere Zentralbank) die Risiken im Finanzsystem zutreffend eingeschätzt. Der Grund liegt auf der Hand: Niemand war zuständig. Zentralbanken achten in erster Linie auf die Geldwertstabilität. Das Bankensystem ist dafür nur mittelbar relevant. Die Bankenaufsicht hat auf einzelne Institute geschaut und dabei – wie so oft – den Wald vor lauter Bäumen nicht gesehen. So konnten sich die eigentlichen Risiken unbemerkt im Finanzsystem und in seinen internationalen Verflechtungen aufbauen.

Die Arbeitsteilung zwischen Zentralbank und Bankenaufsicht wird der Komplexität des modernen Finanzsystems nicht mehr gerecht. Wir benötigen eine unabhängige, dritte Institution, die mit der Wahrung der Stabilität des Finanzsystems betraut ist – die so genannte makroprudenzielle Aufsicht. Diese neue Aufsichtsbehörde würde Kreditwachstum und Vermögenspreise, aber auch Finanzinnovationen und systemische Risiken beobachten und explizit für die Stabilität des Finanzsystems und die Früherkennung von Risiken verantwortlich sein. Gerade im deutschen Fall sollte eine solche Aufsichtsbehörde auch die Kapitalbewegungen innerhalb der Eurozone überwachen, um dem Aufbau von Ungleichgewichten wie im vorigen Jahrzehnt rechtzeitig entgegenwirken zu können.

Stabilität und Gerechtigkeit

Eine makroprudenzielle Aufsichtsbehörde müsste zudem mit entsprechenden Interventionsmitteln ausgestattet sein, so dass auf riskante Entwicklungen im Kreditmarkt reagiert werden könnte – etwa durch die Veränderungen der Beleihungswerte, höhere Abschläge im Geschäft mit forderungsbesicherten Wertpapieren oder dynamische Kapitalpuffer. Bereits die Diagnose von systemischen Problemen und die Kommunikation mit dem Markt könnten zu einer Stabilisierung des Systems beitragen. Da die finanziellen Risiken von Instabilitäten im Finanzsystem am Ende beim Steuerzahler liegen, sollte eine solche Behörde beim Finanzministerium angesiedelt sein. Dadurch gäbe es in Zukunft auch eine klare politische Verantwortlichkeit für die Stabilität des Finanzsystems.

Es gibt durchaus Grund für Optimismus, dass die hier vorgeschlagenen Maßnahmen die Stabilität des Finanzsystems entscheidend erhöhen werden. Aber es geht nicht nur um Stabilität, sondern auch um Gerechtigkeit. Vor allem mit höheren Eigenkapitalquoten und strengeren Auflagen für systemrelevante Banken werden diejenigen, die in guten Zeiten überproportional vom Boom an den Märkten profitieren, wieder an den Kosten ihres eigenen Übermuts beteiligt.

Doch man muss realistisch bleiben. Wir werden die Stabilität des Systems erhöhen, aber Finanzkrisen niemals ganz abschaffen können, solange wir eine freiheitliche Ordnung auch in der Finanzwelt bewahren wollen. Finanzmärkte und die Menschen, die an ihnen agieren, machen Fehler. Sie lassen sich von überschwänglichem Optimismus mitreißen oder malen sich die Zukunft viel zu düster aus. John Maynard Keynes prägte für diese massiven Stimmungswechsel am Finanzmarkt, die sich in Krisen entladen, den Begriff der „animal spirits“. Wissenschaft und Politik müssen diese Grenzen der Rationalität des Finanzmarktes wieder stärker beachten und entsprechende Schlüsse ziehen. Aber zurzeit lautet die wichtigste Aufgabe, die gesellschaftlichen Kosten von Fi-nanzkrisen gering zu halten und den Banken keine Anreize mehr zu geben, Risiken einzugehen, für die sie selber nicht einstehen können. «

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