Der Balkan gehört zu Europa

Die Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawien brauchen die Perspektive des Beitritts zur Europäischen Union - und die EU braucht einen friedlichen und prosperierenden Westlichen Balkan. Zwei Gründe mehr für die Union, ihre innere Krise zu bewältigen

Am 21. Januar 2007 haben die Serben ihr neues Parlament gewählt. Das Ergebnis stimmt hoffnungsvoll. Zwar sind die Resultate der extremistischen, nationalistischen und antieuropäischen Parteien beunruhigend hoch ausgefallen – die Vertreter der radikalen Nationalisten (SRS) gewannen 28,7 Prozent und damit 81 Sitze, auch die Milosevic-Sozialisten (SPS) zogen mit 5,9 Prozent ins Parlament ein. Doch 146 der 250 Parlamentssitze, also mehr als zwei Drittel, gingen an die demokratischen Kräfte.

Besonders erfreulich ist, dass die Demokratische Partei (DS) von Boris Tadiç, Schwesterpartei der SPD, zur führenden Kraft unter den demokratischen Parteien geworden ist. Mit 22,9 Prozent hat die DS rund zehn Prozent hinzugewonnen. Dies ist das Ergebnis eines klar pro-europäischen Kurses sowie einer Politik, die auf Frieden und soziale Gerechtigkeit setzt. Jetzt kommt es auf die Verständigung der demokratischen Parteien untereinander an. Serbien braucht eine starke Regierung. Die Zusammenarbeit der DS und der Demokratischen Partei Serbiens (DSS) unter Vojislav Kostunica ist ohne Alternative. Serbien entstünde großer Schaden, sollte Kostunica auf die Idee verfallen, eine von den radikalen Nationalisten und den Milosevic-Sozialisten geduldete Regierung zu bilden. Kostunicas Wahlkampf mit dem Thema Kosovo hat die Verständigung nicht leichter gemacht. Klar muss jedoch sein: Wer in Serbien nach Europa will, der muss seine Bereitschaft zu einer tragfähigen Regelung für das Kosovo deutlich machen.

Die EU sollte die Bildung einer stabilen Regierung in Serbien auf jede nur mögliche Weise unterstützen. So sollte überlegt werden, ob nicht angesichts der Regierungsbildung der Zeitpunkt für den Vorschlag zur Kosovo-Statusregelung durch den UN-Sondergesandten Martti Ahtisaari hinausgezögert werden könnte. Dies scheint sinnvoll, weil die Kosovo-Frage nur gemeinsam mit einer starken serbischen Regierung zufriedenstellend gelöst werden kann. Andernfalls drohen Instabilität und Neuwahlen im Zeichen der Kosovo-Frage. Die EU sollte also strategisch klug handeln – dies ist auch und vor allem die Aufgabe der deutschen EU-Ratspräsidentschaft.

Was die EU ursprünglich einmal sollte

Die deutsche Ratspräsidentschaft steht im Zeichen der Bemühung, den europäischen Verfassungsprozess voranzutreiben. Doch auch die Lösung der offenen Fragen in Südosteuropa ist eine weitere wichtige Herausforderung. Grundsätzlich muss klar sein, dass die Überwindung der Verfassungskrise der EU und die Frage ihrer Südosterweiterung zusammen gehören. Die Lösung der Verfassungsfrage ist eine rechtliche Vorbedingung für den Beitritt weiterer Länder zur Europäischen Union. Nur die Einbettung der Südosterweiterung in den Fortgang des Verfassungsprozesses kann somit sicherstellen, dass die Chancen auf eine erfolgreiche Integration des Westlichen Balkan (Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kroatien, Mazedonien, Montenegro und Serbien) nicht verspielt werden.

Ein erster grundlegender Schritt hin zur Überwindung der Verfassungskrise besteht ohne Zweifel in der Rückbesinnung auf das ursprüngliche Anliegen der Europäischen Union. Neben dem ökonomischen gründete die Europäische Union immer auch auf einem politischen Anspruch. Heute neigen wir zunehmend dazu, den ökonomischen vor den politisch-strategischen Anspruch zu stellen. Doch wer sich fragt, wozu die Gründung der Europäischen Union eigentlich notwendig war, der muss – wie Jean-Claude Juncker auf der Botschafterkonferenz in Berlin im September 2006 sagte – nur einmal über einen Soldatenfriedhof gehen. Zu Unrecht gilt Frieden heute in Westeuropa als schiere Selbstverständlichkeit. Bei der Frage der EU-Südosterweiterung allerdings besitzen die Gründungsimpulse der europäischen Einigung noch ungebrochene Aktualität. Die drängenden Probleme im Inneren der Europäischen Union sind keine hinreichende Begründung dafür, die Frage der Südosterweiterung auf die lange Bank zu schieben. Stattdessen muss mehr dafür getan werden, die europäischen Institutionen aufzuwerten, ein europäisches Selbstverständnis zu kultivieren und eine europäische Identität zu schaffen.

Ein friedlicher und demokratischer Balkan

Dass die Erweiterung der EU um die Länder des Westlichen Balkan auch aus Gründen des tieferen europäischen Selbstverständnisses eine Priorität darstellt, dürfte jedem überzeugten Europäer plausibel sein. Nach dem politischen und ökonomischen Niedergang im ehemaligen Jugoslawien, dem Zusammenbruch des Kommunismus und seiner Ideologie, suchten die dortigen politischen Führer ihr Heil darin, nationalistische Ressentiments zu schüren. Krieg, Verfolgung, Tod, Vertreibung, Elend und Flucht waren die Folge.

Freiheit, Demokratie, Rechtstaatlichkeit, Menschenrechte, Frieden und die Wahrung der Charta der Vereinten Nationen – diese Hauptanliegen der Europäischen Union dürfen nicht nur Bekenntnisse sein, sondern müssen auch praktisch gelebt werden. Das Ziel ist die Schaffung eines demokratisch verfassten, auf friedliche Konfliktlösung orientierten Europa einschließlich des Balkans. Die Europäische Union trägt hier eine historische und politische Verantwortung, die unauflöslich mit ihrem eigenen Selbstverständnis und ihrer eigenen Geschichte verbunden ist. Vor diesem Hintergrund dürften gerade die Deutschen verstehen, wie wichtig die Perspektive einer Integration in die demokratische Völkerfamilie für die Zukunft eines Landes nach Krieg und Diktatur sind.

Die kulturelle Nähe zu Kerneuropa ist groß

Umso wichtiger ist, dass die Europäische Union und ihre Vertreter unmissverständlich deutlich machen, dass in ihrer Mitte jede Form von Nationalismus unerwünscht ist. Dazu gehört auch politisch motivierte künstliche Abgrenzung, wie sie zum Beispiel darin deutlich wird, dass einzelne Länder des Westlichen Balkans eine Anerkennung ihrer Sprache als EU-Mitgliedsprache fordern, bevor sie der EU beitreten wollen. In dieser Weise einen Sprachenstreit vom Zaun zu brechen ist kein Ausweis von Europafähigkeit. Bei allem Respekt vor der nationalen Identität der potenziellen Mitgliedsländer kann die EU derartige Bestrebungen nicht unterstützen. Die EU würde sich damit in einer Weise instrumentalisieren lassen, die in eklatantem Widerspruch zu ihrer eigenen Bestimmung steht.

Historisch und kulturell besitzen das alte Kerneuropa und das ehemalige Jugoslawien eine nicht zu übersehende Nähe – auch wenn die Ereignisse der jüngeren Geschichte einen anderen Eindruck vermitteln. Unter diesem historischen Blickwinkel wäre eine Integration des Westlichen Balkan die selbstverständliche Komplettierung der Europäischen Union. Zudem gibt es viel mehr Menschen aus dem ehemaligen Jugoslawien als aus den so genannten ehemaligen Ostblockländern, die jahrzehntelang in Westeuropa gelebt und gearbeitet haben. Die kulturelle und historische Nähe zwischen dem alten Kerneuropa und dem ehemaligen Jugoslawien findet hier ihren ganz konkreten Ausdruck. Die Motive für einen eventuellen Beitritt der Türkei dagegen sind anderer Natur. Beide Erweiterungsdiskussionen dürfen nicht miteinander verbunden werden.

Nationaler Egoismus hilft nicht weiter

Die EU-Südosterweiterung ist keine realitätsferne Träumerei, wenn man sich die positiven Entwicklungen in der Region vergegenwärtigt. Die Überwindung der Teilung Europas ist mit der Realisierung des Stabilitätspaktes für Südosteuropa deutlich näher gerückt. Die Länder der Region sind auf dem Weg, zunehmend demokratische Strukturen und damit Stabilität zu entwickeln. Die wohl erfreulichste Entwicklung ist die seit Juni dieses Jahres laufende Planung einer Freihandelszone für Südosteuropa „SEEFTA“ (South East Europe Free Trade Agreement), aufbauend auf zahlreichen bilateralen Freihandelsabkommen und entworfen nach dem Vorbild der osteuropäischen CEFTA (Central European Free Trade Agreement). Dadurch entstünde ein interessanter Markt von etwa 60 Millionen Verbrauchern. Dies ist die grundlegende Voraussetzung dafür, die traditionelle Regionalkooperation neu zu beleben und die Region insgesamt attraktiver für Investitionen zu machen. Die Freihandelszone muss natürlich jetzt auch umgehend – innerhalb des nächsten halben Jahres – von allen Mitgliedern ratifiziert werden. Das wäre das richtige Zeichen an die EU, die Perspektive eines Beitrittes offen zu halten. Wer diese Chance aus nationalem Egoismus blockiert, signalisiert Europa die fehlende Einsicht in die grundlegenden Voraussetzungen einer Integration.

Auch auf dem Gebiet der Energieversorgung haben die EU und Südosteuropa einen Durchbruch erzielt. Am 25. Oktober 2005 wurde in Athen der Energy Community Treaty zur Errichtung einer Energiegemeinschaft zwischen der Europäischen Union und den Staaten Südosteuropas unterzeichnet; am 1. Juli 2006 ist die Energiegemeinschaft in Kraft getreten. Damit gehen die Länder der Region erstmals eine völkerrechtliche Verpflichtung zur regionalen Kooperation ein. Viele haben diesen Vertrag deshalb mit der 1951 gegründeten Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl verglichen, die auch unter dem Namen „Montanunion“ bekannt ist und den Weg für die heutige Europäische Union bereitete.

Die politische und ökonomische Bedeutung dieses Vertrages kann nicht überschätzt werden. Eine stabile und verlässliche Energieversorgung stellt die Voraussetzung für nachhaltige ökonomische Entwicklung und damit auch für soziale Stabilität dar. Darüber hinaus ist die EU daran interessiert, Südosteuropa als alternative Zugangsregion für Energieträgerimporte zu entwickeln. Angesichts der Verhandlungen um die geplante Nabucco-Pipeline und die Diskussion über Russlands Zuverlässigkeit als Energiepartner wird besonders deutlich, wie wichtig diese Partnerschaft für die EU ist. Im Hinblick auf die Sicherheit unserer Energieversorgung kann Südosteuropa zu einem wichtigen Verbündeten werden, indem es die Verbindung zu den energiepolitischen Zukunftsregionen zwischen Kaspischer See, Schwarzem Meer und Zentralasien sowie der Region des Nahen Ostens sichert. Die EU kann so ihre Versorgungsquellen im Energiesektor diversifizieren und dadurch ihre Abhängigkeiten verringern. Auch auf diese Weise trägt die Integration des Westlichen Balkans in die Strukturen der EU dazu bei, die Sicherheitslage der Europäischen Union zu verbessern.

Aus Deutschland kam bereits eine Milliarde

Deutschland hat zur Stärkung der Region des Westlichen Balkan bereits einen bedeutenden Beitrag geleistet: In der vergangenen Legislaturperiode unterstützte Deutschland den Stabilisierungs- und Assoziierungsprozess (SAP) mit etwa 600 Millionen Euro. Mit diesen Mitteln wurde eine Vielzahl von Infrastrukturprojekten zur verbesserten Anbindung Südosteuropas an die EU finanziert. Sie dienten auch dazu, die Kooperation zwischen den Ländern der Region zu verstärken sowie Transportkorridore und Stromverbundleitungen auszubauen. Insgesamt hat Deutschland die Region mit mehr als 980 Millionen Euro unterstützt und ist damit der größte bilaterale Geber in Europa. Der deutsche Anteil an den Hilfen der EU für die Region ist in dieser Summe noch nicht einmal enthalten.

Nichtintegration wird weitaus teurer

Ein deutsches Engagement für den Beitritt des Westlichen Balkan lässt sich sehr rational begründen. Deutschland hat ein unmittelbares Interesse daran, dass seine Investitionen auch mit der Perspektive einer EU-Mitgliedschaft der Länder des Westlichen Balkan verbunden bleiben. Diese Region nicht zu integrieren kann für die Europäische Union teuer werden und weit höhere Kosten verursachen als die Integration. Perspektivlos außerhalb der EU stehend können diese Länder immer wieder eine Quelle von Instabilität werden. Im schlimmsten Fall wäre die Europäische Union zu erheblichen materiellen Anstrengungen diesseits und jenseits der EU-Grenze gezwungen, mit weit höherem Aufwand als sie in einem kontinuierlichen Heranführungsprozess anfielen. Das muss den Gegnern einer neuerlichen Erweiterungsrunde klar vor Augen geführt werden.

Rumänien und Bulgarien sind seit Januar dieses Jahres EU-Mitglieder. Ohne Zweifel ist ihr Beitritt in erster Linie politisch-strategisch motiviert, da sie die Kopenhagener Kriterien nicht in absolut zufriedenstellender Weise erfüllen. Hauptsächlich in ihrer Rolle als Stabilitätsanker für die gesamte Region sind diese Länder von hoher Bedeutung für die EU. Die Konsequenz dieser politischen Entscheidung darf jedoch nicht die Abkopplung der Länder des Westlichen Balkan vom Erweiterungsprozess bedeuten. Daraus resultiert allerdings auch die Verpflichtung der Beteiligten, die Bedingungen für die Aufnahme in die Europäische Gemeinschaft voll zu erfüllen. Die EU-Südosterweiterung konsequent zu verfolgen darf keinesfalls mit einer Aufweichung der Beitrittskriterien einhergehen, wie sie viele Erweiterungsgegner fürchten.

Die EU hat machtvolle Instrumente entwickelt, um die Heranführung potenzieller Mitglieder an die eigenen Strukturen möglich zu machen. Diese Instrumente verdienen unser Vertrauen. Der Stabilisierungs- und Assoziierungsprozess (SAP) ist eines davon. Er muss unbedingt weitergeführt werden. Die Kopenhagener Kriterien sind durch den SAP den Gegebenheiten der Region angepasst und dabei sogar noch erweitert worden: Das Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen (SAA), das mit den Ländern individuell abgeschlossen werden kann, enthält weit detailliertere Vorgaben als die Kopenhagener Kriterien. Die Kopenhagener Kriterien allein definieren jedoch die Aufnahmefähigkeit in die EU.

Staatenbau statt Staatenscheitern

Wie wichtig es ist, diese Vorgaben genau in die Tat umzusetzen, muss nun auch klar kommuniziert werden. Sie tragen entscheidend dazu bei, ein neuerliches state failure, also den vollständigen Kollaps des politischen Systems zu verhindern und stattdessen das state building in der Region zu stärken. Deshalb muss es umso mehr darum gehen, an einem klaren Fahrplan für die wirtschaftliche und politische Integration der Region festzuhalten, wie ihn die roadmap der EU-Kommission für den Westlichen Balkan bietet. Diese roadmap sieht eine stufenweise Heranführung des Westlichen Balkan an die Strukturen der EU vor und ist ähnlich differenziert auf die Voraussetzungen der Länder zugeschnitten wie der SAP.

Anhand des Sechs-Stufen-Modells der roadmap wird deutlich, dass Kroatien dasjenige Land ist, das die größten Fortschritte gemacht hat (Stufe 6). Danach folgen Mazedonien (Stufe 5), Albanien, Serbien, Montenegro, Bosnien und Herzegowina (Stufe 2), und ganz zuletzt das Kosovo (Stufe 0). Mit dieser roadmap wird das Modernisierungsziel in kleine, realisierbare Schritte eingeteilt. Eine zu starke Ausdifferenzierung zwischen diesen Ländern sollte allerdings vermieden werden, denn sie kann zu neuer Destabilisierung der Region führen. Die Europäische Union sollte schwächer entwickelte Länder deshalb aktiv unterstützen, ohne dass der Eindruck entsteht, dass Unterentwicklung sich auszahlt. Die Unterstützung der schwächsten Länder entspricht zudem einem wichtigen Prinzip der Europäischen Union – dem der Solidarität der Starken mit den Schwachen.

Der Reformprozess muss weitergehen

Um ethnische Konflikte einzudämmen, gehören zum Instrumentenkasten der EU auch zivilgesellschaftliche Projekte. Eine gezielte Aufklärungs- und Versöhnungspolitik reicht von der Abstimmung von Schulbuch-Curricula bis hin zu Begegnungsaktivitäten. So soll auch verhindert werden, dass sich in Bosnien und Herzegowina, im Kosovo oder in Albanien extremistisch orientierte muslimische Teilgruppierungen entwickeln. Die verstärkte Unterstützung der Arbeit politischer Stiftungen zur Stärkung der Zivilgesellschaft in der Region sowie Stipendien und Austauschmöglichkeiten für Jugendliche und Studenten sind notwendig, damit ein konkreteres Bild über Chancen und Perspektiven Europas wachsen kann. Die Balkanstaaten brauchen dringend Hilfe bei der Bekämpfung organisierter Kriminalität und Korruption. Die Region ist sicherheitspolitisch noch nicht ausreichend beruhigt. Sie birgt nicht nur reichlich internes Konfliktpotenzial, sondern ist auch Durchgangsstation verschiedener Arten transnationaler Kriminalität.

Unser oberstes Ziel muss sein, den Reformschwung in den Ländern des Balkan beizubehalten. Die Perspektive des Beitritts zur EU ist das wichtigste Mittel außenpolitischen Einflusses in der Region. Es stellt einen zentralen Faktor für den Erfolg der demokratischen politischen Bewegungen dar: Beitrittsperspektive und demokratische sowie wirtschaftliche Entwicklung bedingen einander. Die Aussicht auf den Beitritt stärkt die Stabilität in der Region und den Glauben der Menschen an ihre individuelle Zukunft in einer demokratischen Gesellschaft. Dagegen fördern Diskussionen über alternative Formen der Partnerschaft statt eines Beitritts zur EU die Resignation der Menschen und bremsen den Reformschwung.

Es geht um die Glaubwürdigkeit der EU

Die Aufgabe, vor der sich die Staaten der Europäischen Union befinden, ist nicht einfach: Um die Verfassungskrise zu bewältigen – und damit auch die zukünftige Integration des Westlichen Balkan möglich zu machen – sollten keine unnötigen weiteren Kontroversen provoziert werden. Trotz der notwendigen Debatten um das europäische Selbstverständnis und Europas Rolle in der Welt muss die EU absolut handlungsfähig bleiben. Deshalb geht es mehr denn je um die Suche nach Gemeinsamkeiten und positiven Angeboten zur Identifikation. Ohne Handlungsfähigkeit steht die Glaubwürdigkeit der EU im Westlichen Balkan auf dem Spiel – im Hinblick auf die Übereinstimmung von Reden und Handeln, die Unterstützung der Demokratiebewegung und die Verwirklichung der von ihr selbst in Gang gebrachten neuen Strukturen. Die innere Krise der EU unterminiert ihre eigene Politik gegenüber dem Westlichen Balkan – eine Politik, die auf der Beitrittsperspektive fußt. Und damit schwächt sich die EU selbst. Deshalb muss Europa seine Verfassungskrise bewältigen. Sind die belastenden Probleme aber erst einmal gelöst, wird es immer schwerer zu beantworten sein, warum Bulgarien und Rumänien EU-Mitglieder werden konnten, nicht aber der Westliche Balkan. Die Staaten des Westlichen Balkan gehören zu Europa und mittelfristig auch in die EU. Deutschland muss der Motor des europäischen Integrationsprozesses bleiben und den Transformationsprozess in Serbien wie in den anderen Ländern des Westlichen Balkan weiterhin aktiv unterstützen.

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