Damit Menschen das eigene Leben meistern können

Unzufriedenheit entsteht immer dann, wenn Bürger nicht zurechtkommen, obwohl sie sich anstrengen. Die SPD muss für jede Lebenslage plausible und praktikable Konzepte entwickeln, wenn sie Vertrauen zurückgewinnen will

Der beschleunigte Kapitalismus verlangt allen Menschen viel ab. Vorgezeichnete, starre Lebensläufe gibt es kaum noch. Allenthalben wird mehr Flexibilität verlangt. Doch die Fähigkeiten, damit umzugehen sind ebenso ungleich verteilt wie die Chancen auf Teilhabe und sozialen Aufstieg. Wer aber eine gesellschaftliche Fortschrittsperspektive entwickeln will, muss die Frage beantworten, wie der Einzelne unter diesen Voraussetzungen sein Leben meistern kann.

Unsere Gesellschaft hat in dieser Frage einen klaren Grundkonsens, der nicht zuletzt durch die Sozialdemokratie geprägt wurde. Dieses sozialdemokratische Fundament müssen wir wieder deutlicher erkennbar machen, es nachvollziehbar – und damit glaubhaft – ins Zentrum unserer politischen Bemühungen rücken. Wer sich anstrengt, muss etwas davon haben, wer also den ganzen Monat Vollzeit arbeitet, muss davon leben können. Wer sich Mühe gibt, muss sein Leben verbessern können – etwa, wenn er nach Feierabend noch für einen Schulabschluss büffelt. Solchen Einsatz sollten wir belohnen und nicht durch bürokratische Hürden erschweren. Und diejenigen mit schlechten Startchancen, mit Krankheit oder Behinderung dürfen nicht am Wegesrand zurückbleiben. Jeder und jede muss sich auf die Solidarität der Gesellschaft verlassen können. Das ist die sozialdemokratische Perspektive. Und es ist die Perspektive vieler Bürgerinnen und Bürger.

Die SPD ist in ihrer Geschichte immer dann besonders stark gewesen, wenn sie stellvertretend für die Gesellschaft um die großen Fragen gerungen hat, wenn sie unterschiedliche Meinungen nicht nur ausgehalten, sondern zur Grundlage besserer gemeinsamer Entscheidungen gemacht hat. So wird es auch in den kommenden Jahren wieder sein. Wir werden die richtigen Fragen stellen und gemeinsam gute Antworten entwickeln.

Dabei sollten wir uns nicht im Kleinklein einzelner Policy-Antworten verlieren, schließlich besitzt die SPD schon jetzt bei vielen Themen wie Mindestlohn oder Kinderbetreuung mehrheitsfähige Antworten. Aber Parteien werden nicht gewählt, weil Wähler auf einer Checkliste ihre Präferenzen abhaken. Sondern Parteien werden gewählt, weil sie einer bestimmten politischen Haltung Ausdruck verleihen, weil sie klar erkennbare Grundüberzeugungen haben – Werte, mit denen jeder etwas anfangen kann.

Unsere Perspektive ist individuell


Deswegen wollen wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten einen breit angelegten Diskussionsprozess eröffnen und gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern an den wichtigen gesellschaftlichen Fragen arbeiten. Wir haben verschiedene Zukunftswerkstätten ins Leben gerufen, in denen die Alltagserfahrungen der Menschen im Mittelpunkt stehen und Richtschnur für konkrete Politikvorschläge sind.


Unsere Perspektive ist individuell. Sie schaut aus der Lebenswelt des Einzelnen, aus dem Alltag heraus auf die großen politischen Fragen. Dass nicht alle Bürgerinnen und Bürger sicher sein können, dass sie zurechtkommen, wenn sie sich anstrengen, ist eine Ursache für Unzufriedenheit und auch des Vertrauensverlustes der SPD. Wir werden für jede Lebenslage plausible und praktikable Konzepte erarbeiten müssen, wenn wir Vertrauen zurückgewinnen wollen.

Der Prozess ist langfristig ausgerichtet, und er wird uns mit kritischen und selbstkritischen Debatten konfrontieren. Dem müssen wir uns stellen. Nur so werden wir auf die Fragen unserer Zeit die Antworten finden, die es braucht, um das Leben erfolgreich meistern zu können. «


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