Afrika ist doch ein Knaller

Wo der bedeutende Kurt Kister mal so richtig Recht hatte

In der Szene der wirklich bedeutenden Journalisten der Republik gilt Kurt Kister von der Süddeutschen Zeitung nicht als der erste aller Spaßvögel. Lustig jedoch sind manche seiner Merksätze – wirken sie doch gelegentlich als Imprägnierungen gegen die Zumutungen des Alltags, denen auch Ihre Thea Tucher ausgesetzt ist. Der Redakteur Herr S. kann eine solche sein.

Meine Freundinnen schwärmen für den charmanten, gut aussehenden und intelligenten Herrn S. – ich hingegen fahre mit ihm Zug. Da kann einer Dame schon mal das Schwärmen vergehen.

Kister schreibt über Menschen wie Herrn S. sinngemäß folgendes: Es gebe Personen, die mehr Kubikmeter in Anspruch nehmen, als ihnen auch bei freundlichster Auslegung der grundgesetzlich garantierten Freiheiten zustehen. Zu diesen gehörten die Raucher auf der einen und die Handytelephonierer auf der anderen Seite. Ob Herr S. rauchen kann, entzieht sich meiner Kenntnis. Von der anderen Spielart ungebührlichen Raumgreifens kündet der folgende, völlig freiest erfundene Dialog. Den Herrn S. gibt es nicht. Er arbeitet nicht bei einer Zeitung aus Hamburg und fährt auch nicht andauernd Zug. Er ist kein handytelefonierender Serientäter.

(ICE Hamburg – Berlin, 1. Klasse. Vierertisch, knüppeldickevoll)

S: Liest

Telefon: Melodie aus dem Dschungelbuch

S: Liest

Telefon: Ansteigend

S: Schaut auf das Display.

Telefon: Mogli und Bagira legen einen Jodler vor.

S: Nimmt ab: Hallooooooo?
(der folgende Monodialog war leider nur auf der Seite des Herrn S. absolut unüberhörbar )

Ach, Herr P....., wie gehtswiestehtsso?

Telefon: (...)

S: Nein, reden Sie, ich bin allein und habe Zeit. (verwunderte Blicke von rund 100 Mitreisenden)

Telefon: (...)

S: Das mit der Hochzeit in Afrika ist doch ein Knaller! Klar, da stimmen wir jedes Zitat mit Ihnen ab Und Spendenaktion! Suppi!

Telefon: (...)

S: Sie wissen, ich bin ein Mann inmitten vielfältiger Herausforderungen. (Applaus bei der Hälfte der Mitreisenden)

Telefon: (...)

S: Sie können mich noch am Samstag anrufen. Das kriegen wir dann immer noch ins Blatt. Ich bitte Sie: Afrika, Hochzeit, Sie und Ihre Frau und Spenden! Ich sichere Ihnen da volle Unterstützung zu. Na klar.

Mitreisende: Bravo! Weiter so!

Telefon: (...)

S: Danke, viel Vergnügen und alles Gute an die Frau Gemahlin! (liest)

Telefon: Melodie aus dem Dschungelbuch.

S: (liest)

Telefon: Kaa küsst Rama.

S: Schaut auf das Display.

Telefon: Ansteigend brüllt King Louie.

S: S., guten Tag!

Telefon: (...)

S: Nee, da kann ich gar nicht. Du weißt doch: Berlin! Ich sage nur, immer wieder dieses Berlin!

Mitreisende: Ooooch!

Telefon: (...)

S: Wer da mitredet? Keine Ahnung, ich bin im Zug. Ganz allein.

Mitreisende: (verblüfft)

Telefon: Piep,piep.

S: (zu sich): Funkloch. Mist.

Mitreisende: Oooch!

S: (wählt) Halloo! Da bin ich wieder.

Mitreisende: (Applaus)

S: Nein, ich bin immer noch allein, war Funkloch.

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