Der Werkzeugkasten der Opposition

Wenn sich die SPD fähig zeigt, dosierte Selbstkritik zu üben, die Konfrontation mit der Regierung auf das Erforderliche zu beschränken und mehr Demokratie zu wagen, stehen ihre Chancen nicht schlecht, gestärkt aus der Opposition hervorzugehen

Eine Binsenweisheit der Politikwissenschaft lautet, Regierungen würden nicht in erster Linie gewählt, sondern abgewählt. Nach diesem Credo hätte die Opposition keine andere Möglichkeit, als passiv auszuharren und die Legislaturperiode über sich ergehen zu lassen. Doch die Deutschen wählen ihre Regierung nur dann ab, wenn sie das Gefühl haben, der Opposition die Macht auch wirklich anvertrauen zu können. Zudem ist die Zufriedenheit der Bevölkerung mit der Regierung nicht gottgegeben. Im Gegenteil hängt das Bild der jeweiligen Regierung entscheidend davon ab, welche Themen und Wertungen die Medien transportieren, und darauf hat die Opposition durchaus Einfluss, auch wenn natürlich nicht jede Aktuelle Stunde im Bundestag die Aufmerksamkeit des Publikums auf sich zieht. Kurz, Opposition muss nicht, wie Franz Müntefering glaubte, „Mist“ sein. Es gilt die alte Bauernweisheit: „Mist ist Mist, solange er kein Dünger ist.“

Für die deutschen Volksparteien ist die Oppositionsrolle in der Regel Dünger. Dafür sorgt schon der Zwischenwahleffekt: Bei Landtagswahlen wird traditionell die Kanzlerpartei abgestraft, wovon – wenn auch weniger zuverlässig als früher – in erster Linie die große Oppositionspartei profitiert. Sogar die CDU kam nach 16 langen Jahren der Kanzlerschaft Helmut Kohls und der Spendenaffäre in den Ländern schnell wieder auf die Beine. Es ist wenig wahrscheinlich, dass die so genannten Hartz-Gesetze oder die „Rente mit 67“ der SPD noch lange die Wahlergebnisse verhageln werden, zumal die Partei ihr Personaltableau weitgehend umgebaut hat. Spätestens im Jahr 2011, wenn Schwarz-Gelb aufgrund der Schuldenbremse und des Stabilitätspaktes mit einer harten Sparpolitik beginnen muss, sollte es für die Sozialdemokratie in den Umfragen wieder aufwärts gehen. Falls sich elektorale Erfolge auch in Regierungsführung ummünzen lassen sollten, könnte sich die SPD zudem auf der Landesebene als Regierungspartei profilieren.

Freilich war es nicht der Zwischenwahleffekt, sondern das ersehnte Ende der schmerzlichen Kompromisse, das vielen SPD-Anhängern eine Regeneration in der Opposition wünschenswert und (mittels Nichtwahl oder abweichenden Wahlverhaltens) sogar beförderungswürdig erscheinen ließ. Dies galt gerade auch angesichts einer Kanzlerkandidatur ohne Erfolgsaussicht, die nur mit Hilfe einer unrealistischen „Wunschkoalition“ aufrecht erhalten werden konnte, welche wiederum die Kampagnenthemen irreal erscheinen ließ. Dies dürfte die Erklärung für das unvorhergesehene Ausmaß der Niederlage sein. Insofern muss sich die SPD in der Opposition thematisch gar nicht so sehr umstellen. Vor allem sollte sie sich strategisch nicht allzu weit nach links orientieren, um die Mitte nicht kampflos der Merkel-CDU zu überlassen und den Reformern in der Linkspartei Raum zu geben. Zum Glück hat ein umfassendes „Rollback“ bei Hartz IV und Rente mit 67, das nur noch größere Glaubwürdigkeitsverluste bedeutet hätte, auf dem Dresdner Parteitag nicht stattgefunden. Zur Selbstkasteiung besteht kein Anlass, und sie ist in einem kompetitiven Parteiensystem auch nicht zu empfehlen.  

Demut und dosierte Selbstkritik

Allerdings verpflichtet das Wahldebakel die SPD zu einer gewissen Demut und zu dosierter Selbstkritik: Es war ein Fehler, im Zuge der Agenda 2010 um der Gewerkschaften willen keinen gesetzlichen Mindestlohn durchzusetzen und damit Auswüchse im Niedriglohn-Bereich und bei der Zeitarbeit in Kauf zu nehmen. Es war ein Fehler, die Hartz-Gesetzgebung aufgrund der aufgebauschten Medienberichterstattung über eine Handvoll „Florida-Rolfs“ derart restriktiv zu gestalten. Es war ein Fehler, Hedgefonds Tür und Tor zu öffnen. Es war ein Fehler, die Rente mit 67 nicht von Anfang an flexibler zu gestalten oder unsinnigen Internetsperren zuzustimmen.

Die Aufgaben der Opposition sind Kritik, Kontrolle und Alternative. Kritik heißt inhaltliche Arbeit an den politischen Vorgaben der Regierung. Sie schließt Detailkritik wie das prinzipielle Infragestellen der Regierungspolitik ein. Die Kontrollfunktion bezieht sich auf die Gesetzes- und Verfassungskonformität der Regierungsarbeit. Die wichtigsten Instrumente sind die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses sowie die Anrufung des Bundesverfassungsgerichts. Untersuchungsausschüsse bedeuten einen enormen zusätzlichen Arbeitsaufwand, so dass dieses Instrument für Fälle reserviert bleiben sollte, in denen die zu erwartende Wirkung im Verhältnis zum Aufwand steht.

Wie die SPD Opposition betreiben kann

Ähnliches gilt für den Gang nach Karlsruhe: In der Vergangenheit scheiterten die meisten von der parlamentarischen Minderheit angestrengten abstrakten Normenkontrollen. Als etwas oppositionsfreundlicher haben sich die Karlsruher Richter in der bundesrepublikanischen Geschichte hingegen erwiesen, wenn sie über parlamentarische Minderheitenrechte zu entscheiden hatten oder wenn sich Landesregierungen an den Klagen beteiligten. Gerade wo weder Organinteressen noch föderative Interessen im Vordergrund stehen, sollte nur bei guten Erfolgsaussichten über die Karlsruher Bande gespielt werden, schließlich besitzt die Opposition hierzu zwar eine rechtsstaatliche, aber keine demokratische Legitimation.

Allerdings kann die SPD im Alleingang weder einen Untersuchungsausschusses einsetzen noch eine abstrakte Normenkontrolle anstrengen. Im Vergleich zu den drei Oppositionsfraktionen der vergangenen Legislaturperiode befindet sie sich aber in einer recht komfortablen Situation: Einen Untersuchungsausschuss konnten FDP, Grüne und Linkspartei nur gemeinsam einsetzen; für eine abstrakte Normenkontrolle brachten sie auch vereint nicht das notwendige Quorum eines Drittels der Bundestagsabgeordneten auf die Waage. Dagegen benötigt die SPD für eine abstrakte Normenkontrolle nur eine weitere Oppositionsfraktion, und für einen Untersuchungsausschuss muss sie theoretisch sogar nur zehn Abgeordnete einer anderen Fraktion auf ihre Seite ziehen. Zwar gibt es keine Koalition in der Opposition, liegt doch die Bequemlichkeit für Oppositionsparteien gerade darin, ihre eigenen Positionen kompromissunbefleckt vertreten zu können. Wo allerdings Kompromisse nicht vonnöten sind, um als Opposition geschlossen gegen die Regierung in Stellung zu gehen, ist kein Grund ersichtlich, auf eine Bündelung der Schlagkraft zu verzichten.

Zur Alternativfunktion gehört ein inhaltlicher sowie ein personeller Gegenvorschlag zu Regierungspolitik und -mannschaft. Im Plenum des Bundestags bringt der Wechsel von Rede und Gegenrede die Alternativfunktion zum Ausdruck. Das wichtigste parlamentarische Mittel ist jedoch die Gesetzesinitiative. Ein direkter Zusammenhang zwischen gesetzgeberischer Umtriebigkeit und Wahlerfolgen besteht allerdings nicht. Alternativ bieten sich die Einforderung eines Regierungsentwurfs oder Änderungsanträge zu Gesetzesvorhaben der Regierung an, zumal Oppositionsinitiativen meist ein trauriges Schicksal bestimmt ist: Sie werden von der Regierungsmehrheit in aller Regel abgelehnt oder verschleppt, zum Teil aber auch nach Verstreichen einer parlamentarischen Schamfrist als Regierungsentwurf wiederbelebt. Von einem solchen indirekten Erfolg ihrer Initiativen kann die Opposition nicht profitieren, dafür ist das politische Gedächtnis der Wähler zu kurz. Beharrt sie auf ihr Copyright, wirkt sie allenfalls egozentrisch und kleinlich.

Die Leute sind die alten Rituale leid

Grundsätzlich haben Oppositionsparteien in Deutschland die Wahl zwischen einer kompetitiven und einer kooperativen Strategie. Eine kooperative Opposition stellt die Mitwirkung an der politischen Arbeit der Regierung in den Vordergrund und kann so – in den Worten Kurt Schumachers – der Regierung „ihren positiven Gestaltungswillen aufzwingen“, freilich mit dem Risiko, dass die Früchte dieser Arbeit im Zweifel von der Regierung geerntet werden. In der parlamentarischen Praxis haben sich die großen Oppositionsparteien immer für einen Mittelweg zwischen den beiden idealtypischen Oppositionsstrategien entschieden. Die Gewichtung fiel dabei unterschiedlich aus, den Konflikt suchten sie aber in der Regel nur bei gewichtigen und öffentlichkeitswirksamen Fragen.

Die SPD sollte besonders zu Beginn der Legislaturperiode ihren generellen Willen demonstrieren, konstruktiv mitzuwirken. Das bedeutet nicht, alle Initiativen der Regierung mitzutragen. Jedoch sollte die SPD vermeiden, den in der regulären Spielzeit erfolglosen Abwehrwahlkampf gegen Schwarz-Gelb in eine Verlängerung zu tragen. Eine auf 23 Prozent geschrumpfte SPD als geifernde Oppositionspartei würde anmaßend wirken. Weniger Opposition kann auch mehr sein. Die harmoniesüchtigen Deutschen sind den ritualisierten Schlagabtausch zwischen Regierung und Opposition schon lange leid. Umso mehr ließe sich mit einer kooperativen Strategie viel Lob in der Berichterstattung einheimsen, zugleich Politikverdrossenheit abbauen und Glaubwürdigkeit zurückgewinnen – die man dann, wenn es wirklich ums „Eingemachte“ geht, in die Waagschale legen kann.

Bloß weg mit dem Nominalsprech

Die reflexhafte Skandalisierung von Sachverhalten führt dazu, dass niemand mehr hinhört, wenn die Alarmglocke einmal zu Recht geläutet wird. Beispielsweise ist es den meisten Menschen herzlich egal, ob Angela Merkel ins Ausland fliegt, bevor sie ihre erste Regierungserklärung abgibt. An dieser Stelle hätte ein süffisanter Kommentar, sie wisse anscheinend noch nicht, was sie erklären wolle, eher verfangen als künstliche Empörung. Überhaupt muss sich die SPD vom gestelzten, floskelhaften, mäandernden und nominalstilblütigen Politikersprech absetzen und die Aufmerksamkeit der Medien – auch in der Konkurrenz der Oppositionsparteien untereinander – durch flotte Sprüche und griffige, neue Sprachbilder auf sich ziehen. Mit Sigmar Gabriel hat sie einen Mann an ihre Spitze gewählt, der hierfür geeignet ist.

Darüber hinaus muss die SPD natürlich auch inhaltliche Schwerpunkte setzen. Im Dresdner Leitantrag heißt es, 40 Jahre nach Willy Brandt sei „Mehr Demokratie wagen – Teil II“ fällig. Wie wäre es, wenn die SPD hieraus ein double feature machte und sich sowohl die innerparteiliche Demokratie als auch eine Demokratisierung unseres Regierungssystems auf die Fahnen schriebe? Auf der Parteiebene geht es um Mitgliederbefragungen und -entscheide sowie bei Personalfragen um Urwahlen, bei der Kür des Kanzlerkandidaten vielleicht sogar um Primaries, die auch sympathisierende Nichtmitglieder einbeziehen. Auch stünde es der Partei gut an, öffentliche Podiumsdiskussionen mit Experten über brennende Fragen zu organisieren. Mit einem solchen innerparteilichen Reformprogramm würde die SPD an Attraktivität und in der Folge auch an Mitgliedern gewinnen.

Mehr Demokratie, mehr Transparenz

Gleichzeitig könnte sie umso glaubwürdiger mehr direkte Demokratie im Regierungssystem einfordern. Allerdings ist die Volksgesetzgebung im föderalen System wenig sinnvoll und außerdem – nachdem sie außer der Union so gut wie jede Partei fordert – nur noch begrenzt avantgardistisch. Innovativer, systemfunktionaler und auf die Bedürfnisse der Bürger besser zugeschnitten wäre die Vetoinitiative nach Schweizer Vorbild. Ferner steht für 2011 die Änderung des Bundestagswahlrechts an. Auch bei diesem Thema sollte die SPD sich ehrgeizig zeigen und ein Verhältniswahlrecht mit lose gebundenen Listen fordern. Begnügt sich die Regierung mit einer kosmetischen Reform in Form von Ausgleichsmandaten, könnte sich die SPD gegen eine weitere Aufblähung des Bundestags aussprechen und mit einem Änderungsantrag punkten, der die reguläre Mitgliederzahl des Bundestags reduziert.


Auch an anderen Stellen könnte die SPD für mehr Demokratie und Transparenz eintreten: Die generelle Nichtöffentlichkeit der Ausschusssitzungen ist angesichts der mäßigen Bereitschaft der Regierungsmehrheit, konstruktiv mit Oppositionsanträgen umzugehen, kaum zu rechtfertigen. Vielleicht würde eine generelle Öffentlichkeit sogar zu einer angemessenen Behandlung guter Ideen und Gesetzesentwürfe ungeachtet ihrer Herkunft disziplinieren. Schöner Nebeneffekt: Lehnt die Regierungskoalition einen solchen Antrag ab, steht sie unter Rechtfertigungszwang; stimmt sie hingegen zu, könnten die Oppositionsparteien künftig öffentlichkeitswirksamer agieren.

Die Menschen aus ihrer Ohnmacht befreien

Darüber hinaus war die Zeit nie so günstig, um eine Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre zu propagieren – angesichts des mäßigen Abschneidens der SPD unter den Erstwählern bei der Bundestagswahl würde der Vorwurf eines parteipolitischen Schachzugs nämlich kaum verfangen. Daneben ist das kommunale Wahlrecht für Nicht-EU-Ausländer überfällig, und mit etwas Mut könnte die SPD sogar das Wahlrecht aller länger in Deutschland lebenden Ausländer auf Bundesebene postulieren. Hier würde sich zeigen, wie gesellschaftlich liberal die FDP wirklich ist. Übernähmen die Liberalen die SPD-Position, stünde die Union mit den demokratiepolitisch fragwürdigen Plänen des Bundestagspräsidenten Norbert Lammert, die Legislaturperiode auf fünf Jahre auszudehnen, ziemlich altbacken und isoliert da.

Eignet sich Demokratie wirklich als politisches Projekt, das die Bürger mobilisieren kann? Peter Siller schrieb in der vorigen Ausgabe der Berliner Republik zu Recht, um die Demokratie sei es ruhig geworden. Für viele Menschen seien Gerechtigkeit und Freiheit, die Wirtschaftskrise und der Klimawandel die entscheidenden Themen. Dabei soll das Thema Demokratie diese Themen ja nicht ersetzen, sondern das Spektrum ergänzen. Schließlich ist nicht zu übersehen: Die Antworten der Politik auf Fragen von Gerechtigkeit oder Freiheit, auf Wirtschaftskrise und Klimawandel überzeugen die meisten Menschen nicht. Sie fühlen sich von der Politik immer weniger ernst genommen und glauben, sowieso nichts ändern zu können. Würde es sich die SPD zum Projekt machen, die Menschen aus ihrer politischen Ohnmacht zu befreien, dürfte sie auch in anderen Politikfeldern wieder als die emanzipatorische Kraft angesehen werden.

Einen bedeutsamen Machtverstärker der Opposition und ihrer Instrumente können im bundesdeutschen kooperativen Föderalismus die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat darstellen. Derzeit hat Schwarz-Gelb im Bundesrat nur zwei Stimmen „über den Durst“. Wirklich als sicher verbuchen kann Angela Merkel diese Mehrheit angesichts selbstbewusster Ministerpräsidenten bei massiv in die Landeshaushalte eingreifenden Gesetzesvorhaben ohnehin nicht, siehe Mehrwertsteuervergünstigung für das Hotelgewerbe. Allerdings hat sie das Glück, dass in zwei „ihrer“ sieben Länder, in Sachsen und Schleswig-Holstein, erst nach der nächsten Bundestagswahl wieder gewählt wird. In zwei weiteren, Bayern und Hessen, dürften die Wahlen etwa zeitgleich mit der Bundestagswahl 2013 stattfinden. Für die Opposition verbleiben drei Chancen: Nordrhein-Westfalen im Mai 2010, Baden-Württemberg im Frühjahr 2011 und Niedersachsen Ende 2012 oder Anfang 2013.

Obstruktion funktioniert nicht

Entscheidend ist das Kippen der Regierungsmehrheit im Bundesrat, nicht eine eigene Oppositionsmehrheit. Dafür müsste die Opposition 20 Stimmen hinzugewinnen; weder ist aber die Linkspartei in allen Ländern regierungswillig, noch werden die Grünen allerorten koalitionspolitisch mitziehen. Ganz abgesehen davon, dass das rot-rot-grüne Lager sowohl Berlin als auch Rheinland-Pfalz verlieren könnte.

Ein hochwirksames Blockadeinstrument wie für Oskar Lafontaine Ende der neunziger Jahre wird der Bundesrat für die Opposition bis 2013 also kaum werden. Eine reine Obstruktionspolitik ist für den Wähler aber ohnehin leicht durchschaubar und wird selten goutiert. Und wenn es der Regierung gelingt, eine machtpolitisch motivierte Bundesratsblockade aufzulösen, wie Schröder bei der Steuerreform im Jahr 2000, ist die Oppositionsführung brüskiert. Die Union war unter Merkel erfolgreicher mit einer „Giftpillentaktik“: Sie verhandelte im Vermittlungsausschuss Zumutungen in Regierungsentwürfe hinein. Unliebsame Kompromisse werden in erster Linie der Regierung zugerechnet, die Opposition kann sich im Regelfall distanzieren und behaupten, „Schlimmeres verhindert“ zu haben. Besonders vorteilhaft ist eine solche „kooperative“ Strategie übrigens, wenn es gelingt, Themen, die geeignet sind, den Unmut der Wähler zu schüren, im Vorfeld einer möglichen eigenen Regierungsverantwortung „abzuräumen“.

Zum Glück will nur noch einer etwas werden

Der Erfolg einer Oppositionsführung steht und fällt mit der innerparteilichen Unterstützung. So verebbten während der CDU-Doppelspitze sowohl die von Angela Merkel als auch die von Friedrich Merz geprägten Begriffe und Initiativen aufgrund gegenseitigen Misstrauens und unzureichender Unterstützung des missgünstigen übrigen Partei-Establishments. Die Chancen der neuen SPD-Führung, die Partei hinter sich zu bringen, stehen um einiges besser. Zum einen dürfte das schlechte Wahlergebnis eine starke disziplinierende Wirkung ausüben, zum anderen hat unter den derzeit noch verbliebenen fünf SPD-Ministerpräsidenten mit Klaus Wowereit nur einer die persönliche Ambition, noch „etwas zu werden“. Mit Matthias Platzeck und Kurt Beck haben zwei potenzielle Aspiranten ihre bundespolitische Karriere bereits hinter sich, etwaige neue Ministerpräsidenten müssten sich erst einmal in ihren Ländern beweisen. Vielleicht ist dies die positive Kehrseite des Machtverlusts in den Ländern und des immensen Verschleißes an Vorsitzenden in den vergangenen Jahren.

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